Luther 2017 – eine neue Bibelübersetzung hält Einzug

Mit seiner Bibelübersetzung prägte Martin Luther kirchliche Theologie und deutsche Sprache. Zum 500. Jahrestag der Reformation erschien eine revidierte Fassung. Ab 2019 wird die „LÜ 2017“ die offizielle deutschsprachige Bibel der Neuapostolischen Kirche.

Die Amtsträger in den deutschsprachigen Gemeinden werden sich in ihrer Predigt umstellen müssen: Am 1. Januar 2019 gibt es eine neue Bibelübersetzung. Zwar scheinen die Veränderungen zur Vorgängerin, der Lutherübersetzung von 1984, eher marginal: veränderte Zeichensetzung oder der Austausch einzelner Wörter. Es gibt aber auch vollständige Neuübersetzungen einzelner Verse.

Die Deutsche Bibelgesellschaft – sie trägt die Hoheit für alle Lutherübersetzungen – macht folgende Rechnung auf: Die Übersetzung 2017 unterscheidet sich immerhin zu gut 40 Prozent vom Text der LÜ 1984. Die Verteilung ist unterschiedlich. In den apokryphen Büchern der Heiligen Schrift ändern sich von 4400 Versen sogar rund 3700, das sind 80 Prozent.

Altes Testament und Neues Testament erfahren schonende Veränderungen: von den rund 31.000 Versen des Alten und Neuen Testaments haben rund 12.000 Verse, also knapp 40 Prozent, eine Änderung erfahren. Insgesamt weist die LÜ 2017 also fast 16.000 Verse auf, die von der 1984er-Ausgabe abweichen. Nach Aussagen der Fachleute ist sie genauer – weil präziser im Umgang mit dem Urtext –, und sie ist verständlicher für das Lesepublikum von heute.

Zwar wird aus dem „Sturm auf dem See“ (LÜ 84) ein „großes Beben“ (LÜ 2017) – im Urtext steht seismos, was doch eher an ein Seebeben erinnert – doch „Heulen und Zähneklappern“, eines der bekannten lutherischen Wortkreationen, wird es weiterhin geben. Gott sei Dank, sagen die Anhänger der Luther-Sprache. Immerhin, so ihr Credo, sei die Luther-Bibel der Inbegriff eines kraftvollen Sprachgebrauchs. Es gebe zwar viele Alltagsbegriffe, doch blitzt auch immer wieder das Besondere, das Heilige hervor. Nicht zuletzt das spreche für das Sprachgenie des berühmtesten deutschen Theologen.

Wer sich genauer in die Textmodulationen einarbeiten will, findet auf der Webseite der Deutschen Bibelgesellschaft einen kleinen Vorgeschmack.

Luthers schöner Text

Aus den vielen deutschen Bibelübersetzungen ist die Lutherübersetzung nicht mehr wegzudenken. Sie steht für einen kompetenten, bildsprachlichen Umgang mit den Urtexten. In den deutschsprachigen Gottesdiensten der Neuapostolischen Kirche werden Lutherübersetzungen seit jeher benutzt. Die LÜ 1912 war jahrzehntelang im Gebrauch, seit 2001 die 1984er Fassung. Der Katechismus, alle Lehrtexte und die Unterrichtsbücher in deutscher Sprache zitieren in der Lutherfassung. Eine komplette Umstellung auf eine ganz andere Übersetzung kommt allein schon aus diesem Grund nicht infrage.

Darin sind sich die Bezirksapostel in Europa einig. Sie haben sich auf ihrer letzten Sitzung Anfang November ausführlich beraten lassen und den Beschluss gefasst, bei Luther zu bleiben, allerdings ab dem 1. Januar 2019 in der neuen revidierten Lutherübersetzung 2017. Sie wird dann die offizielle Bibel in den deutschsprachigen Gottesdiensten sein.

Gründe für die Umstellung

Gründe für die Umstellung gibt es gleich mehrere. Zum einen nimmt die Deutsche Bibelgesellschaft die 84er Revision allmählich aus den Regalen. Es verbleibt nur noch die so genannte Standardbibel, Nachdrucke der anderen Versionen sind nicht mehr möglich. Die Neuapostolische Kirche aber hat mehrere Bibelausgaben in Gebrauch: Neben der Standardbibel auch die Altarbibel, die Taschenausgabe, die Schulbibel und sogar eine Hochzeitsbibel. Um dieses Gesamtpaket auch künftig beizubehalten, braucht es die Neuauflage.

Daneben sind die inhaltlichen Anpassungen ein wichtiger Entscheidungsgrund für die Umstellung. Insgesamt ist die neue Übersetzung näher an den Urschriften, wenngleich traditionelles Deutsch nach wie vor enthalten ist, allerdings an die heutige Sprache angepasst. Verhandlungsführer mit der Deutschen Bibelgesellschaft ist der Bischoff-Verlag, der die neuen Bibeln künftig nicht nur in sein Sortiment übernehmen wird. Vielmehr werden auch Versionen mit eigenen Einbänden für die Neuapostolische Kirche hergestellt.

Luther hinterlässt Spuren

Das Jahr 2017 war in deutschsprachigen Landen ein Gedenkjahr für die Reformation, die vor 500 Jahren in Wittenberg eingeläutet wurde. Damals soll der junge Augustinermönch Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche geschlagen haben – ein geschichtliches Datum im Schulunterricht der Menschheit.

1521/22 nutzte Martin Luther, mittlerweile ein verfolgter Dissident, seinen unfreiwilligen Aufenthalt auf der Wartburg bei Eisenach, um das Neue Testament in der Rekordzeit von nur zehn Wochen aus dem Griechischen ins Deutsche zu übersetzen. Zwölf Jahre später erschien die gesamte Bibel in seiner Übersetzung. An ihrer Vervollkommnung hat Luther bis zu seinem Lebensende weitergearbeitet.


Foto: Oliver Rütten

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Peter Johanning
18.12.2017
Deutschland, Bibel, Medien