Die Wunder Jesus – Zeichen eines neuen Zeitalters

„Talita kum“, sagt der Mann, „Mädchen, steh auf“. Und das Kind erhebt sich von seinem Totenlager. Der Mann heißt Jesus. Seine Wunder sind einzigartig. Was macht sie aus? Und welche Bedeutung haben sie – auch heute noch?

Als Wundertäter feiern ließen sich viele Menschen in der Antike. Von einem berichtet die Apostelgeschichte, Kapitel 8: Sebaste, die Hauptstadt Samariens, ein Schmelztiegel der Kulturen und Religionen. Hier lebt Simon, er treibt Zauberei, schlägt das Volk in seinen Bann, lässt sich „Große Kraft“ nennen. Doch als Männer kommen, die im Namen eines gewissen Jesus – der auch Christus genannt wird – noch viel größere Taten vollbringen, will er diese Macht für sich selbst – notfalls auch mit Geld erkaufen.

Alles andere als Kunststückchen

Rückblende: Einige Jahre zuvor macht jener Jesus von Nazareth deutlich, dass es ihm gar nicht schmeckt, wenn Wundertaten als Beweis seiner göttlichen Vollmacht erwartet werden: „Was fordert doch dieses Geschlecht ein Zeichen?“, seufzt er (Markus 8,12). Aber er weiß: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht“ (Johannes 4,48).

Worum geht es Jesus also bei den Wundern? Jedenfalls nicht um sein persönliches Ansehen. Das bezeugt schon die sorgsame Wortwahl der Evangelien. Im griechischen Grundtext finden sich viele Worte für seine Taten. Übersetzt lauten sie etwa: Erstaunliches, unglaubliches Geschehen, Machttat, göttliches Vorzeichen. Nur zwei Begriffe werden nicht mit ihm identifiziert: Kunststück und Tüchtigkeitserweis.

Alles wird anders

Ein Besessener: Er haust in den Grabhöhlen von Gerasa, brüllt Tag und Nacht, schlägt sich selbst mit Steinen. Er tobt so unbändig, dass keine Fessel oder Kette ihn halten kann. Nur ein Satz von Jesus, und der Getriebene ist befreit von einer ganzen Legion an Qualen: „Fahre aus, du unreiner Geist, von dem Menschen“ (Markus 5,8).

Wunder wie diese – die Austreibung von Dämonen – zeigen es, worum es geht: „Wenn ich aber die bösen Geister durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen“, sagt Jesus (Matthäus 12,28). Auch wenn Mose, Elia und Elisa schon im Alten Bund immer wieder Wunder vollbracht haben; es gibt einen entscheidenden Unterschied: Niemals zuvor markierten solche Taten das Ende eines Zeitalters und das Beginn eines neuen.

Alles wird heil

Und was bringt das Reich Gottes? Davon zeugen zunächst die Krankenheilungen: der blinde Bartimäus, der Lahme am Teich Betesda, die zehn Aussätzigen, der Taubstumme von Sidon – meist reicht eine Berührung oder auch nur ein Wort Jesu, um sie von ihren Leiden zu befreien. Selten wird der Akt der Heilung beschrieben. Das zeigt: Es geht nicht um das Wie, sondern um das Wozu.

Auch das erklärt Jesus selbst: „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören“ – und, last but not least: „Armen wird das Evangelium gepredigt“ (Matthäus 11,5). Mit Jesus ist das Reich Gottes angebrochen, und es bringt Heilung, vor allem für die Seele. Seine Worte weisen auch den Weg zum Heil: „Dein Glaube hat dir geholfen“ (Matthäus 9,22; Markus 10,52; Lukas 7,50; 8,48; 17,19; 18,42).

Alles gehört dazu

Der Sturm tobt. Die erfahrenen Bootsfahrer kauern sich zusammen. Da kommt eine Gestalt über den See. Jetzt ist Panik angesagt. Doch die Gestalt gebietet dem Wind Einhalt. – Eine andere Gestalt, von Tüchern umwickelt, wankt aus einer Höhle. Sie stinkt schon. Es ist Lazarus, ins Leben zurückgerufen.

Was haben diese beiden Arten der Wunder – die Naturwunder und die Totenerweckungen – miteinander zu tun? Ganz klar: Sie zeigen, dass die Vollmacht des Erlösers nicht nur die natürliche Schöpfung umfasst, sondern auch die geistige Welt. Das Reich Gottes in Jesus kennt keine Grenze – auch der Tod stellte keine Schranke mehr dar.

Alles wird mehr

Fünf Gerstenbrote und zwei Fische, den Glauben eines Kindes und den Segen Jesu: Mehr braucht es nicht, um Tausende von Menschen satt zu machen. – Die Profi-Fischer sind leer ausgegangen. Gegen alle Regeln der Kunst werfen sie auf Geheiß des Meisters die Netze zur anderen Seite aus. Ihr Fang bringt das Boot beinahe zum Kentern. – Peinliche Panne für das Brautpaar: Der Wein geht aus. Doch einer wandelt das Wasser zu Wein.

Auch diese Wunderarten – die Speisungswunder wie bei den 5000 und die Geschenkwunder wie beim reichen Fischfang oder bei der Hochzeit zu Kana – haben eine tiefere Bedeutung. Denn mit dem Reich Gottes kommt in Jesus auch die göttliche Fülle. Das betrifft nicht nur die Menge (Quantität), sondern auch den Wert (Qualität). Schließlich ist der Wein ein biblisches Bild für die göttliche Freude.

Alles auch heute

Und was haben die Wunder für die Christen heute zu bedeuten? Antworten darauf finden sich im Katechismus der Neuapostolischen Kirche: „Alle vier schriftlich überlieferten Evangelien berichten von Wundertaten Jesu als realen Geschehnissen, die seine Messianität bezeugen. Seine Wunder verdeutlichen die barmherzige Zuwendung Gottes zum leidenden Menschen“, heißt es im Abschnitt 3.4.8.5.

Diese Krankenheilungen verweisen auf das göttliche Wesen Jesu Christi, der so handelte, wie Gott von sich spricht: „Ich bin der Herr, dein Arzt“ (2. Moses 15,26). Die Austreibungen böser Geister zeigten, dass das Böse der Macht Gottes unterworfen ist. Und die Auferweckung vom Tod mache deutlich, dass der Glaube an Jesus Christus die Überwindung des Todes und damit ewiges Leben bedeutet. Die Speisungswunder verweisen schließlich auf das Heilige Abendmahl: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit“ (Johannes 6,51).

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Datum:

Andreas Rother
15.07.2015