Frauenleben im Alten Testament
Frau und Mann – gleichwertig als Ebenbild Gottes? Das Alte Testament erzählt von Herrscherinnen und Sklavinnen, von Prophetinnen und Prostituierten. Oft bleiben sie namenlos. Doch es gibt Ausnahmen: Zoom auf vier Frauen aus dem Stammbaum Jesu.
Die Verkleidungskünstlerin: Tamar
Als ihr Mann stirbt, bleibt Kanaaniterin Tamar kinderlos zurück. Ihr Schwiegervater Juda verheiratet sie mit seinem zweitältesten Sohn Onan. Doch Onan verhindert, dass Tamar schwanger wird, und stirbt ebenfalls. Juda schickt Tamar zurück in das Haus ihres Vaters. Dort soll sie als Witwe leben, bis sein dritter Sohn, Schela alt genug ist, um sie zu heiraten. Doch Juda hält seine Zusage nicht ein.
Später stirbt Judas Frau. Nach der Trauerzeit macht er sich auf, Schafe zu scheren. Tamar erfährt davon, legt die Witwenkleider ab, bedeckt sich mit einem Schleier und setzt sich an den Weg, auf dem Juda vorbeikommen muss. Als Juda die verschleierte Tamar sieht, hält er sie für eine Hure und schläft mit ihr. Zum Lohn verspricht er ihr einen Ziegenbock. Tamar verlangt ein Pfand und erhält von Juda Siegel, Schnur und Stab.
Nach drei Monaten erfährt Juda von der Schwangerschaft seiner Schwiegertochter. Offiziell gilt sie als Verlobte von Schela, Juda will sie wegen Ehebruchs verbrennen lassen. Da schickt sie Siegel, Schnur und Stab zu Juda: „Von dem Mann bin ich schwanger, dem dies gehört.“ Juda muss zugeben: „Sie ist gerechter als ich.“
Die Fluchthelferin: Rahab
Zwei Männer kommen als Kundschafter der Israeliten nach Jericho und kehren im Haus der Hure Rahab ein. Dem König von Jericho wird von den Kundschaftern berichtet. Er lässt Rahab ausrichten, dass sie die Fremden herausgeben soll. Rahab aber verbirgt die beiden Männer auf dem Dach ihres Hauses.
Ehe die Kundschafter sich schlafen legen, steigt Rahab zu ihnen aufs Dach. Sie sagt: „Ich weiß, dass der Herr euch das Land gegeben hat; wir haben alle Angst vor euch.“ Und: „Schwört mir nun beim Herrn, dass ihr mich genauso verschont, wie ich euch verschont habe. Gebt mir ein Zeichen, dass ihr meinen Vater schont, meine Mutter, meine Brüder und meine Schwestern und alles, was sie haben, und uns vor dem Tod rettet.“ Das versprechen die Kundschafter.
Rahabs Haus liegt an der Stadtmauer; sie lässt die beiden an einem Seil hinunter. Als die Israeliten Jericho später einnehmen, führen sie Rahab und ihre Familie aus der Stadt und bringen sie außerhalb des eigenen Lagers unter (Josua 2.6).
Die Auswanderin: Rut
In der Zeit der Richter lebt in Moab eine Witwe namens Rut. Vater und Bruder ihres Mannes sind ebenfalls gestorben; Rut, ihre Schwägerin Orpa und ihre Schwiegermutter Noomi bleiben unversorgt zurück. Noomi hat erfahren, dass die Hungersnot in ihrer Heimat vorüber ist, und entschließt sich nachhause zurückzukehren. Sie schickt die beiden Schwiegertöchter zurück in ihre Elternhäuser. Aber Rut weicht nicht von ihrer Seite.
In Bethlehem beginnt gerade die Gerstenernte. In den Gesetzen der Israeliten ist als Fürsorge für Arme vorgesehen, dass sie auf fremden Feldern Nachlese halten dürfen. Rut geht auf das Feld von Boas, dem Sohn von Rahab. Er ist ein Verwandter von Noomis Mann. Boas spricht Rut an, sie soll auf seinen Feldern bleiben und dort weitersammeln. Er gibt ihr zu essen, zu trinken und lässt Garben für Rut übrig.
Noomi versteht, dass Gott sich nicht von ihr abgewendet hat. Denn Boas ist ein naher Verwandter, der als Löser das Grundstück von Noomis verstorbenem Mann freikaufen und Rut heiraten kann. Noomi sagt: „Wenn Boas gegessen und getrunken hat und sich schlafen legt, leg dich zu seinen Füßen unter die Decke.“ Rut tut, was Noomi ihr gesagt hat.
Um Mitternacht erschrickt Boas. Da liegt eine Frau zu seinen Füßen. Boas fragt: „Wer bist du?“ Rut sagt: „Ich bin Rut, deine Magd. Beschütze mich, denn du bist der Löser.“ Boas sagt: „Ja, ich bin ein Löser, aber es gibt noch einen näheren Verwandten als mich.“ Doch der Verwandte kann das Feld nicht kaufen, ohne sein eigenes Erbteil zu schädigen und sagt zu Boas: „Kauf du das Feld.“ Boas nimmt Rut zur Frau.
Die Königsmutter: Batseba
Batseba wäscht sich gerade, als David sie vom Dach des Königshauses erblickt; sie ist von sehr schöner Gestalt. Durch einen Boten lässt er Batseba ins Königshaus holen und schläft mit ihr. Dann geht sie in ihr Haus zurück. Sie ist schwanger geworden – das lässt Batseba David mitteilen. Der König holt Uria aus dem Krieg zurück und schickt ihn zu seiner Frau, damit er bei ihr schläft. Aus Pflichtgefühl nächtigt Uria aber vor der Tür des Königshauses. Da lädt David Uria ein, gibt ihm zu essen und macht ihn betrunken; trotzdem geht Uria nicht nachhause zu seiner Frau, also schickt David Uria zurück in den Krieg. Er gibt ihm einen Brief an den Feldhauptmann Joab mit: Dieser soll Uria dorthin stellen, wo der Kampf am härtesten ist, und Uria stirbt. Seine Frau hält die Totenklage.
Nachdem sie ausgetrauert hat, lässt David sie in sein Haus holen, sie wird seine Frau und gebärt einen Sohn. Da schickt der Herr den Propheten Nathan zu David, der diesem ein Gleichnis erzählt. Es handelt von einem reichen Mann, der einem armen Mann das einzige Schaf wegnimmt.
David gerät über die Erzählung in Zorn: „Der Mann soll sterben, der das getan hat!“ Nathan sagt zu David: „Du bist der Mann!“ David erkennt, dass er gegen den Herrn gesündigt hat, er bekennt seine Schuld. Das Kind, das Batseba geboren hat, wird todkrank. David sucht Gott und fastet, und er liegt die ganze Nacht auf der Erde, aber am siebten Tag stirbt das Kind.
Batseba bekommt später einen Sohn, den nennt David Salomo. Der Herr liebt Salomo. Er gibt ihn unter die Hand des Propheten Nathan. Er und der Priester Zadok salben Salomo zum König. Etliche Generationen später wird es unter Salomos Nachfahren einen Josef geben, Marias Ehemann.
Das Leben und Überleben der Frauen im Alten Testament steht im Mittelpunkt dieses Artikels, der in einer deutlich längeren Fassung ursprünglich in der Kirchenzeitschrift spirit, Ausgabe 02/2018, erschienen ist. Und wie war es zu Zeiten Jesu? Er machte Frauen zu Zeuginnen und Botschafterinnen. Davon berichtet der nächste Artikel in dieser Reihe.
Foto: Jrgen Flchle - Fotolia