„Heulen und Zähneklappern“ – eine dieser typischen Wortschöpfungen von Martin Luther. Auch in der neuen 2017er Bibelübersetzung bleibt diese kernige Aussage bestehen. Andere Ausdrücke dagegen ändern sich.
Ab Januar 2019 gilt in den deutschsprachigen Gottesdiensten der Neuapostolischen Kirche die frisch revidierte Lutherbibel 2017 als Predigtgrundlage. Sie löst die jetzige Fassung von 1984 ab. Damit ergeben sich manche Wortänderungen: So wird aus „Schlangenbrut“ (LUT84) wieder das „Ottergezücht“ (LUT17), aus „Erbgut“ wird das „Erbteil“. Zugrundeliegendes Motiv für Veränderungen dieser Art war der dringende Wunsch, den hebräischen und den griechischen Urtext in dieser Revision mehr Geltung zu verschaffen als bei der 1984er Revision. Die Deutsche Bibelgesellschaft, die Luthers Bibelübersetzungen im Blick behält, gab deshalb eine Revision der Lutherübersetzung in Auftrag: Die Entdeckung der Schriftrollen von Qumran und Fortschritte in der Textkritik der Sprach- und Literaturwissenschaften, besonders am Alten Testament, hätten eine Revision nötig gemacht.
Viele kleine Änderungen
Auffällig ist, dass die Anrede „Brüder“, wie sie in den neutestamentlichen Schriften üblich ist, durch „Brüder und Schwestern“ ersetzt wurde. Römer 1,13 lautet neu: „Ich will euch aber nicht verschweigen, Brüder und Schwestern, dass ich mir oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen.“ Der griechische Begriff „adelphos“, der gemeinhin mit „Brüder“ übersetzt wird, kann Männer und Frauen meinen.
Besonders im Alten Testament und in den Apokryphen entstehen vergleichsweise viele Änderungen. Im Neuen Testament sind die Wortveränderungen eher philologisch begründet: aus „Pfennig“ wird „Heller“, aus dem „Sturm“ in Matthäus 8,24: „Und siehe, da erhob sich ein gewaltiger Sturm auf dem See, sodass auch das Boot von Wellen zugedeckt wurde. Er aber schlief“ wird ein „Beben“. Im griechischen Urtext steht das Wort „seismos“, was eher auf ein Beben hindeutet als auf einen Sturm. Deshalb heißt die Stelle jetzt in der Lutherübersetzung 2017: „Und siehe, da war ein großes Beben im Meer, sodass das Boot von den Wellen bedeckt wurde. Er aber schlief.“
Wenngleich die vielen kleinen Veränderungen, die manchmal nur ein Wort oder einen Satz betreffen, eher marginal erscheinen, wird aber doch deutlich, dass sie sich durch den gesamten Text ziehen und ihn zuweilen in seinem Duktus verändern. Verschiedentlich werden auch inhaltlich neue Akzente gesetzt. Geblieben ist die für Luther typische Vermeidung des Begriffs „Kirche“. Das griechische Wort „ekklesia“ wird ausschließlich mit „Gemeinde“ übersetzt.
Katechismuszitate bleiben zunächst
Da die Änderungen in der 2017er Lutherbibel nicht sehr gravierend sind, wird bis auf weiteres auf eine Angleichung der Bibelzitate im Katechismus verzichtet, teilt Stammapostel Jean-Luc Schneider mit. Die inhaltlichen, theologischen Positionen des Katechismus würden nicht berührt.
Der Stammapostel, der in den Bibelausgaben für die neuapostolischen Gemeinden ein Grußwort verfasst hat, schreibt darin: „Die Übersetzung der Heiligen Schrift durch Martin Luther hat die deutsche Sprache, Literatur und Musik entscheidend geprägt. Deshalb ist es nicht weiter erstaunlich, dass sie unsere Kirche im deutschsprachigen Raum seit ihren Anfängen begleitet hat. Die neuapostolische Theologie, Predigtsprache und Frömmigkeit haben der Lutherbibel viel zu verdanken.“ Er appelliert an die Gläubigen, die Bibel auch im privaten Bereich eifrig zu nutzen: „Die Bibel hat im Gottesdienst eine zentrale Bedeutung, doch ist es wichtig, ihr ebenso im privaten Glaubensleben einen gebührenden Platz einzuräumen.“
Bibellesen ist wichtig
Der Katechismus sagt dazu in 1.2.5.3: „Es ist jedem Gläubigen zu empfehlen, regelmäßig in der Heiligen Schrift zu lesen, denn sie tröstet und erbaut, gibt Wegweisung und Mahnung und dient der Förderung der Erkenntnis. Entscheidend ist dabei, in welcher Einstellung der Leser sich mit der Bibel befasst. Das Bemühen um Gottesfurcht und Heiligung, verbunden mit ernsthaftem Gebet um das rechte Verständnis, ist einem nutzbringenden Bibellesen zuträglich. Das intensive Lesen in der Heiligen Schrift trägt zum besseren Verständnis des Evangeliums bei. Dies fördert die Erkenntnis und stärkt die Sicherheit im Glauben.“
Foto: Oliver Rütten