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Die Sakramente (4): Zeichensprache fürs Unsichtbare

März 5, 2020

Author: Andreas Rother

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Sakrament ohne „signum“ und ohne „res“? Das geht gar nicht. So steht es zumindest im neuapostolischen Katechismus. Klingt seltsam? Vielleicht, hat aber gute Gründe – ein Ausflug ins fünfte Jahrhundert.

Ja sicher, die Taufe und das Abendmahl sind in der Bibel gut verbürgt. Doch der Begriff „Sakrament“ selbst taucht dort nicht auf. Das Wort kam unter Christen erst in Gebrauch, als das juristische „sacramentum“ und das biblische „mysterion“ miteinander verschmolzen.

Dafür sorgte Tertullian, der erste lateinischen Kirchenschriftsteller eingangs des dritten Jahrhunderts. Eine durchdachte Lehre vom Sakrament verfasste er nicht. Das übernahm fast 200 Jahre später Augustinus, der als einflussreichster der lateinischen Kirchenväter gilt.

Für sich oder anderes

Grundlage seiner Sakramentenlehre ist eine allgemeine Zeichenlehre. Sie unterscheidet grundsätzlich zwischen Sache („res“) und Zeichen („signum“). Eine Sache steht nur für sich selbst: Ein Stück Holz ist ein Stück Holz, ein Tier ist ein Tier und ein Stein ist ein Stein.

Zeichen hingegen verweisen auf etwas anderes als sich selbst. Diese Eigenschaft macht auch Sachen zu Zeichen. Als Beispiele nennt Augustinus das Holz, das Mose ins Bitterwasser warf, das Tier, das Abraham anstatt Isaaks opferte, oder den Stein, auf den Jakob sein Haupt legte.

Eine Frage der Absicht

Zeichen unterteilt er nochmal in „natürlich“ und „gegeben“. Natürliche Zeichen verweisen ohne eine bewusste Absicht auf eine Sache, etwa so, wie der Rauch ein Feuer anzeigt. Gegebene Zeichen folgen dagegen einer Absicht, etwas zur Kenntnis zu geben.

Die reinste Form von Zeichen ist für den Kirchenlehrer das „Wort“. Denn einziger Zweck des Wortes ist es, etwas anderes als sich selbst zu bezeichnen.

Das Wort macht‘s

Und so versteht Augustinus dann auch die Sakramente: als bewusst gegebene Zeichen, die eine unsichtbare göttliche Wirklichkeit („res divinae“) sichtbar machen. Sie sind für ihn mehr als ein Symbol. Denn sie bewirken genau das, was sie anzeigen. So stellt die Taufe den neuen Bund mit Gott nicht bloß dar, sondern begründet ihn auch.

Ein Sakrament funktioniert nicht einfach so: Eine Handlung mit dem Element Wasser macht noch keine Taufe. Dazu braucht es währenddessen noch das Wort aus dem Glauben, das die Bedeutung des Geschehens erschließt.

Die Bibel als Beleg

Natürliche Sache plus konkrete Handlung ist gleich geistliche Kraft: Das ist die Formel von Augustinus fürs Sakrament. Und genau dieses Konzept findet sich im Neuen Testament – etwa wenn Apostel Paulus fragt: „Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?“ (1. Korinther 10,16).

Und die Wirksamkeit des Wortes findet der Kirchenlehrer bei Christus selbst, zum Beispiel, wenn Jesus in seinen Abschiedsreden zu den Jüngern sagt: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe“ (Johannes 15,3).

Die Sakramentenlehre von Augustinus ist so grundlegend, dass sich erst nach Jahrhunderten wieder jemand an das Thema traut. Doch irgendwann kommt es zum Streit: Es geht um die die Frage, was ein Sakrament gültig macht, und wie viele es davon überhaupt gibt. Darum drehen sich die nächsten beiden Folgen dieser Serie.

Foto: constantinos – stock.adobe.com

März 5, 2020

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