Ein Mann des schnellen Fortschritts
„Niemand kann sagen, dass der Apostel ein Feigling war. Ich riskierte alles, um die Kirchenarbeit schnell voranzubringen.“ Es war die rechte Hand des Stammapostels, die diese Worte notierte: Apostel Heinrich Franz Schlaphoff, der heute vor 50 Jahren gestorben ist.
Eigentlich betrauerte der südafrikanische Apostel mit diesem Tagebuch-Eintrag aus dem Jahr 1937 das Ende seiner Pilotenkarriere. Der Stammapostel hatte ihm das Fliegen verboten, nachdem sein Helfer gleich drei Mal binnen eines Tages notlanden musste – wegen Gewitterstürmen und Spritmangels.
Sein „Stinson Monoplane“ hätte ohnehin nicht seinen kompletten Arbeitsbereich erreichen können. Denn Apostel Schlaphoff war auf fast allen Kontinenten aktiv. „Er ist als mein Helfer dort tätig, wohin ich ihn im besonderem Auftrag sende“, sagte Stammapostel Johann Gottfried Bischoff im Jahre 1951. Dabei hatte der Gottesmann für schwierige Fälle ursprünglich kein Amt annehmen wollen.
Der Sohn
Heinrich Franz Schlaphoff wurde am 3. August 1894 in Südafrika in ärmliche Verhältnisse hineingeboren. Seine Familie lebte in einer Wellblechhütte, sein Vater verlor im Burenkrieg die Arbeit. So musste der zehnjährige Franz als Zeitungsjunge den Lebensunterhalt bestreiten. Über die Jahre entwickelte er unternehmerisches Geschick – ob beim Fischhandel, in der Produktion von Krankenhausbedarf oder auch im Filmverleih.
Neuapostolisch wurde die Familie an Pfingsten 1902. Sowohl Vater und Sohn zeigten sich sehr aktiv im Glaubensleben. Aber erst auf nachdrückliches Drängen des Seniors war der Junior bereit, ein Amt anzunehmen. 1919 wurde er als Diakon ordiniert, 1921 als Evangelist. So unterstützte er seinen Vater, den Apostel Georg Heinrich Wilhelm Schlaphoff. Nach dessen plötzlichem Tod übernahm der Sohn die Kirchenleitung in Südafrika und wurde im Juli 1929 ins Apostelamt berufen. Rasant begannen Veränderungen.
Der Stammapostelhelfer
Der neue Apostel löste kurzerhand rein deutschsprachige Gemeinden auf und ließ die Gottesdienste in Englisch sowie Afrikaans halten. Er strukturierte die Gebietskirche in Ältesten- und später Bischofsbezirke, verpasste der Verwaltung eine Buchführung nach europäischen Muster und veröffentlichte wöchentliche Rundschreiben an die Amtsträger in drei Sprachen.
Der Fokus auf die Landessprachen verschaffte der Kirche deutlichen Zulauf – nicht nur in Südafrika, sondern auch in Südamerika und Australien. Diese Gebiete waren Apostel Schlaphoff junior zusammen mit China ebenfalls anvertraut worden. 1933 wurde er zum Stammapostelhelfer für die gesamte Südhalbkugel eingesetzt. Im Auftrag des Stammapostels kümmerte er sich aber auch um schwierige Situationen in Nordamerika und den Niederlanden. „Was der Mann alles geleistet hat, steht einzig“, lobte Stammapostel Bischoff in einem Brief aus dem Jahr 1950.
Der Chief
In Südafrika nannten sie den „Assistant Chief Apostle“ nur „Chief“. Und der Chef ging weiterhin neue, manchmal eigene Wege: Er richtete Wohlfahrtszentren und einen Beerdigungsfonds ein, der heute noch besteht, und begann mit der Missionierung in Xhosa, der zweitgrößten Bantu-Sprache des Landes. Seine Bibelworte für den Gottesdienst umfassten oft nicht nur ein oder zwei, sondern ein bis zwei Dutzend Verse – also oft der gesamte Kontext der Begebenheit. Heiliges Abendmahl gab es nur alle zwei bis vier Wochen. Und das Gemeindeleben war weitaus lockerer als anderswo: Alkoholgenuss, Kinobesuch, Tanzvergnügen – nichts davon war tabu, wie Beschwerdepost an den Stammapostel notierte.
Im September 1951 beschloss die Apostelversammlung einstimmig, den Auftrag als Stammapostelhelfer zurückzunehmen. So sei die Kirche weltweit „einheitlich organisiert“, hieß es im Amtsblatt. Als Bezirksapostel für Südafrika wurde Schlaphoff im Mai 1954 beurlaubt, im Juni trat er vom Apostelamt zurück. In einem Ämtergottesdienst betonte der Stammapostel, dass Schlaphoff weiterhin die Gottesdienste besuche und „nicht als abgefallen bezeichnet werden“ könne.
Der Eiserne Apostel
So bleibt Heinrich Franz Schlaphoff in Erinnerung als der „Iron Apostle“, der „Eiserne Apostel“. Den Ruf hatte er sich mit seinen unermüdlichen Reisen zwischen Südafrika, Süd- und Nordamerika, Australien sowie Europa erworben. Vor allem, weil er sich durch nichts aufhalten ließ: Nicht durch den Schiffbruch vor Brasilien, als er 14 Tage lange verschollen war, und auch nicht, als ihn das FBI in den USA gleich zwei Mal verhaftete – als vermeintlichen Spion der Deutschen.
Wie notierte er noch am 6. November 1937 in seinem Tagebuch? „Niemand kann sagen, dass der Apostel ein Feigling war. Ich riskierte alles, um die Kirchenarbeit schnell voranzubringen.“
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Andreas Rother
20.11.2015
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