„Das hätte ich mir nie im Leben erträumt“

Ihr großer Wunsch schien unerreichbar. Doch Ashley-Ann fand unverhofft Helfer: Wie die körperbehinderte Südafrikanerin mit Unterstützung deutscher Biker zum Internationalen Jugendtag 2019 kam.

Ashley-Ann Kortje (29) lebt mit ihren Eltern in Riversdale, 300 Kilometer östlich von Kapstadt. Ihre Beine sind nur bis zum Alter von etwa fünf Jahren gewachsen. Im Alltag ist sie auf den Rollstuhl angewiesen. Auf Prothesen kann sie nur wenige Schritte gehen.


Auf den eigenen Füßen stehen, das würde Ashley-Ann auch im übertragenen Sinne sehr gern. Sie besuchte eine Schule für Kinder mit Behinderungen in Kapstadt. Doch aus Geldmangel werden die Lehrer dort nur bis zur neunten Klasse beschäftigt. Das Fehlen des Schulabschlusses macht es der jungen Frau sehr schwer, eine Arbeit zu finden. Mit dem Verdienst der Eltern als Farmarbeiter und einer staatlichen Unterstützung hält sich die Familie gerade so über Wasser.

Der Wunsch, dabei zu sein

Trotz der schwierigen Lebenssituation lebt die Familie mit Freude ihren Glauben. Genauso wie tausende andere neuapostolische Jugendliche fieberte Ashley-Ann dem Internationalen Jugendtag 2019 entgegen. Sie malte sich immer wieder aus, wie schön es wäre und wem sie dort alles begegnen würde – und wusste dabei, dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben würde.

Eines Nachts träumte sie, sie sei in Düsseldorf. Morgens berichtete Ashley-Ann darüber aufgeregt ihrer Mutter. Die Mutter hörte sich diesen Traum an, erwiderte ihrer Tochter aber, sie wisse ja, in welchen Verhältnissen die Familie lebe. Aber sie bat Ashley-Ann: „Bewahre deinen Traum, Gott allein weiß, wie alles wird.“

Der Wunsch, zu helfen

Joachim Schmidt (56) aus der baden-württembergischen Gemeinde Pfinztal-Berghausen ist ein begeisterter Motorradfahrer. Seine Frau Elke teilt mit ihm diese Leidenschaft. Die beiden pflegen Gemeinschaft mit gleich interessierten Glaubensgeschwistern – und dies nicht nur in Deutschland, sondern auch in Südafrika.

Der selbstständige Gebäudeenergieberater und seine Frau, selbst dreifache Eltern und mittlerweile Großeltern, wollten einer behinderten Jugendlichen aus Südafrika die Teilnahme am IJT in Düsseldorf ermöglichen. Ein erster Versuch schlug fehl: „Ich sah unser Vorhaben, für das wir viel und lange gebetet haben, schon fast dahinschwinden“, erzählt der gebürtige Pforzheimer. Die Schulrektorin, mit der sie vor Ort sprachen, sah die Enttäuschung und machte einen Vorschlag …

Das erste Treffen

Einige Tage später war es so weit: Elke und Joachim Schmidt fuhren nach Riversdale. Nach einer herzlichen Begrüßung habe eine fühlbare Spannung im Raum geherrscht. Als der Besuch aus Deutschland sich vorgestellt und die Einladung zum Jugendtag für Ashley-Ann ausgesprochen hat, waren Mutter und Tochter sprachlos. „Erst ganz langsam realisierten sie, was wir vorhatten. Ganz vorsichtig begann Ashley-Ann Fragen zu stellen und berichtete uns aus ihrem Leben“, erinnert sich Joachim Schmidt.

„Kurz bevor es auseinanderging, sagte die Mutter ihrer Tochter in Afrikaans Worte, die der Hauspriester für uns ins Englische übersetzte: ‚Nun wird dein Traum in Erfüllung gehen!‘ Auf unsere Nachfrage berichtete sie über den Traum, den Ashley-Ann hatte. Als wir dies hörten, war es für uns alle ein Zeichen, dass der liebe Gott alles fügt.“

Viele bürokratische Hindernisse waren zu überwinden, bis alle für die Einreise nach Deutschland notwendigen Unterlagen zusammen waren. „Aber mit Gottes Hilfe und der Unterstützung von Joanne und Anton de Waal, unseren lieben Biker-Freunden aus Riversdale, ist es gelungen, für Ashley-Ann das Visum rechtzeitig zu erhalten“, freuen sich die Eheleute Schmidt. Damit zum Schluss auch ja nichts schiefgehen konnte, sind sie nach Kapstadt geflogen, um Ashley-Ann auf dem Flug nach Deutschland zu begleiten.

Mittendrin und ganz nah dran

Noch Monate nach dem IJT steht Ashley-Ann immer noch sehr unter den Eindrücken ihrer Reise: „Ich bin unserem himmlischen Vater so dankbar, dass er dies alles möglich machte. Manchmal fühlt es sich an, als wäre ich immer noch da, weil die Erinnerungen so intensiv sind.“ Als ihr besonderes Erlebnis beim IJT benennt Ashley-Ann ihre Begegnung mit dem Stammapostel: „Ihn im wirklichen Leben zu sehen – und nicht im Fernsehen oder in einer Zeitschrift –, war ein herausragendes Erlebnis. Auch dass ich beim Gottesdienst dem Stammapostel so nahe sein durfte, hätte ich mir nie im Leben erträumt.“

Von ganzem Herzen dankbar ist die junge Glaubensschwester allen, die ihre „wundersame Erfahrung möglich machten“: der Schulrektorin und den Glaubensgeschwistern de Waal in Südafrika und vor allem Elke und Joachim Schmidt. „Ich schätze sehr, was sie für mich getan haben. Ich werde ihre Liebe und Fürsorge nie vergessen.“

Auch Elke und Joachim Schmidt sind glücklich, dass sie Ashley-Ann die Freude bereiten konnten, am IJT teilzunehmen: „Mit Ashley-Ann ist für uns ein Glaubenserlebnis der besonderen Art verbunden. Auch wenn wir oft das Gefühl hatten, alle Mühen und Anstrengungen seien vergebens, Gott hat immer zur rechten Zeit die Türen geöffnet, Probleme gelöst, die richtigen Gedanken geschenkt.“

Die Eheleute haben die junge Frau in ihr Herz geschlossen und möchten sie gerne weiterhin unterstützen, damit auch ihr anderer großer Wunsch in Erfüllung geht: den Schulabschluss nachzuholen, eine Ausbildung zu absolvieren, um auf „eigenen Füßen“ stehen zu können.

Dieser Artikel ist in einer ausführlicheren Version ursprünglich in der Zeitschrift „Unsere Familie“, Ausgabe 20/2019 erschienen.

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Dinara Ganzer, Andreas Rother
29.10.2019
Internationaler Jugendtag 2019 (IJT), Gemeindeleben