„Jeder soll wissen: Wir tolerieren das nicht!“

Die Neuapostolische Kirche verurteilt Gewalt und sexuelle Übergriffe aufs Schärfste. Ein klares Signal dazu kommt jetzt gerade aus Südafrika. Damit beschäftigte sich gestern die Bezirksapostelversammlung Afrika.

Regelmäßig treffen sich die nationalen Kirchenleiter der in Afrika vertretenen Gebietskirchen zu ihrer kontinentalen Versammlung. Ein großes Thema war gestern die neue Richtlinie gegen sexuellen Missbrauch in der Gebietskirche Afrika-Süd.

Signal an Gesellschaft und Geschwister

Warum eine neue Richtlinie? Weil es notwendig ist. Die Kultur, „worüber man nicht redet, das existiert nicht“ ist nicht länger tolerabel. Die Anzahl und Schwere der Fälle, wie sie die südafrikanischen Kriminalstatistiken ausweisen, sind alarmierend.

Es braucht eine gesamtgesellschaftliche Annahme dieses Themas. „Wir müssen nicht nur etwas tun – die Leute müssen auch wissen, dass wir etwas dagegen tun!“, äußert sich Bezirksapostel John Kriel aus Kapstadt.

Und Stammapostel Schneider geht noch einen Schritt weiter: „Die Menschen, unsere Gemeinden und alle Glaubensgeschwister sollen hören, dass die Neuapostolische Kirche sexuellen Missbrauch nicht toleriert!“

Gegen jede Form sexuellen Fehlverhaltens

Die Richtlinie zieht den Rahmen für den Umgang „mit jeglicher Form von sexuellen Fehlverhalten“ durch Amts- oder Funktionsträger. Das Dokument legt Verantwortlichkeiten fest, beschreibt Präventionsmaßnahmen, installiert Verfahren für Verdachtsfälle und skizziert die Seelsorge für Betroffene. Sie umfasst 18 Abschnitte und tritt am 1. Mai 2020 in Kraft, übersetzt in alle Hauptsprachen in Südafrika.

Ganz bewusst ist von Fehlverhalten und nicht allein von Übergriffen oder Missbrauch die Rede. Denn die Maßnahmen wenden sich nicht nur gegen strafbare Handlungen, sondern auch gegen nicht strafbare Grenzüberschreitungen. Dazu zählen zum Beispiel Gesten oder Bemerkungen, vor allem aber die Verletzung des Seelsorge-Prinzips – etwa, wenn das Bedürfnis von Ratsuchenden nach Zuwendung ausgenutzt wird.

Dabei arbeitet die Gebietskirche eng mit Fachleuten aus allgemein anerkannten Organisationen zusammen. Ob ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden soll, haben allein die Opfer zu entscheiden. Fälle von sexuellem Fehlverhalten bei Minderjährigen werden gemäß südafrikanischem Recht immer an die Polizei gemeldet.

Besonderer Schutz für Kinder und Jugend

Ähnliche Herangehensweisen kennen auch anderen Gebietskirchen. „Konzeption Achtsamkeit“ nennt zum Beispiel die Neuapostolische Kirche Süddeutschland ihr Prinzip, Verantwortliche auf allen Ebenen für die Gefahrenaspekte zu sensibilisieren. Zu den Präventionsmaßnahmen dort zählt eine schriftliche Selbstverpflichtung sowie die Abgabe eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses (EFZ). Das gilt für alle Amtsträger sowie Lehrkräfte und Betreuer von Kindern und Jugendlichen.

Ein externer Rechtsanwalt prüft das EFZ auf etwaige Einträge auf der Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Gibt es einen Eintrag wegen sexueller Übergriffe, informiert er darüber ausschließlich den Bezirksapostel. Dieser sorgt dafür, dass die betreffende Person innerhalb der Kirche keine Aufgabe mehr erfüllt, bei der sie mit Kindern und Jugendlichen Kontakt hat.

Das hatte der süddeutsche Bezirksapostel Michael Ehrich in der Frühjahrssitzung der internationalen Bezirksapostelversammlung in Goslar vorgestellt. Er gab einen Überblick über die einzelnen Bausteine der Konzeption und berichtete von den bisherigen Erfahrungen. Es gehe um die innere Haltung, so betonte er, darum, ein Bewusstsein zu schaffen für einen achtsamen Umgang mit Kindern und Jugendlichen.

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Datum:

Peter Johanning, Andreas Rother
14.11.2019