Die Sakramente (22): Weich oder hart – die Zeitfrage

War das letzte Abendmahl Jesu ein Passamahl? Daran entzündete sich eine der größten Kirchenspaltungen. Und davon hängt noch heute ab, wie wir das Sakrament feiern. Das Problem an der Sache: Die Bibel widerspricht sich selbst.

Fest oder fluffig, ungesäuert oder mit Treibmittel: Wie soll es denn gebacken sein, das Element „Brot“ beim Heiligen Abendmahl? Das war eine der Fragen, über die sich Christen aus Abendland und Morgenland im 11. Jahrhundert verkrachten. Und am Ende passierte das „große Schisma“, die Spaltung in Katholische Kirche einerseits und Orthodoxe Kirche andererseits. Dabei hatten beide die Bibel auf ihrer Seite.

Widersprüche in den Evangelien

Markus, Matthäus und Lukas sind sich einig: „Am ersten Tage der Ungesäuerten Brote, da man das Passalamm opferte “ trafen sich Jesus und seine Jünger zum traditionellen Festmahl. Gefeiert wurde das Gedenken an den Auszug der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten. Und weil vormals alles so schnell hatte gehen müssen, dass kein Sauerteig mehr aufquellen konnte, feierte man Passa (bis heute) mit knackhartem Brotfladen.

Allerdings: Das Johannes-Evangelium siedelt das letzte Abendmahl mindestens einen Tag früher an, wo es Sauerteig-Brot gegeben hätte. Seine Chronologie läuft darauf hinaus, dass Jesus genau dann am Kreuz stirbt, wenn überall die Passalämmer geschlachtet werden. Deren Blut am Türrahmen hatte die Israeliten beim Exodus vor dem Würgeengel gerettet. Nun erlöst das Blut Jesu alle Menschen.

Hat Johannes dieser Symbolik zuliebe am Zeitablauf seiner Berichte gedreht? Seit Generationen sind die Wissenschaftler auf der Spurensuche.

Spurensuche im Neuen Testament

Für viele Fachleute ist die Johannes-Chronologie insgesamt deutlich logischer: die Verhaftung Jesu bei Nacht und die Kreuzung an Passa? Juristisch und gesellschaftlich damals kaum vorstellbar. „Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe“, widersprechen sogar Markus und Matthäus ihrem eigenen Ablauf.

Andererseits finden sich vor allem beim letzten Abendmahl viele Handlungen, die auch vom Passamahl bekannt sind. Das Dankgebet beim Brotbrechen, der Segensspruch über dem Wein und der Lobgesang am Ende. Indes: Das alles gab es auch bei anderen Festmählern oder Alltagsmahlzeiten.

Zumal auch Markus, Matthäus und Lukas einen guten Grund haben, das Geschehen erzählerisch zuzuspitzen: Das neue Abendmahl löst das alte Passamahl ab, der alte Bund geht in den neuen Bund über.

Worum es wirklich geht

So gehen die Meinungen munter hin und her zwischen den Auslegern. Und es ist schwer auszumachen, welche Sichtweise gerade die Mehrheit hinter sich hat.

Sicher ist allerdings: Das letzte Abendmahl war kein Sedermahl nach der Ordnung wie sie bis heute gilt. Dieser verbindliche Fahrplan fürs Passamahl entstand frühestens im zweiten nachchristlichen Jahrhundert. Wie die Ordnung („Seder“) fürs Passamahl zu Zeiten Jesus genau aussah, darüber ist recht wenig bekannt.

Um welches Brot es beim Heiligen Abendmahl wirklich geht, das machte Jesu Christus bei ganz anderen Mahlzeiten deutlich – wie bei der wundersamen Speisung der Fünftausend: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern .“

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