Die unbezwingbare Macht des Guten
Guter Stoff für Hollywood: In den Höhlen vor der Stadt treiben Dämonen ihr Unwesen. Die Menschen haben Angst. Doch Jesus handelt und vertreibt das Böse, allerdings anders, als viele dachten.
Jesus gebietet dem Sturm auf dem See Genezareth Einhalt und setzt gemeinsam mit seinen Jüngern über. Auf der anderen Seeseite trägt sich ein irritierendes Geschehen zu, dessen Inhalt selten Teil eines Gottesdienstes ist.
Jesus begegnet einem Besessenen, der in völliger Abhängigkeit von bösen Mächten ein erbärmliches Leben in Grabhöhlen fristet. Nach einem Dialog mit den unreinen Geistern schickt Jesus diese in eine Herde Schweine, die im See Genezareth ertrinkt und damit auch die Dämonen vernichtet. So schildert es unter anderem Matthäus 8,28–34.
Mitleiderregend und gefährlich
Während das Matthäus-Evangelium von zwei Besessenen berichtet, sprechen Markus und Lukas nur von einem. Ob nun einer der Wortführer oder der Auffälligere war, wird nicht berichtet. Eins wird jedoch deutlich: Die Lebenssituation war erbärmlich!
Beherrscht vom Bösen und dessen Wirken hilflos ausgeliefert fristet der Besessene außerhalb der Gesellschaft sein Dasein. Er tobt und wütet, verletzt sich selbst mit Steinen und ist unfähig zu menschlicher Gemeinschaft. Für die Bewohner dieser Gegend ist er gefährlich und auch durch Fesseln nicht zu halten.
Das Böse erkennt das Gute
In allen drei Evangelien ist die Rede davon, dass dieser Mensch von Dämonen besessen ist. Das Böse tritt nicht nur als Kraft, sondern auch als Person in Erscheinung (siehe KNK 4.1.2).
Dieser Dämon erkennt Jesus. Schon allein dessen Anwesenheit versetzt das personifizierte Böse in Angst und Schrecken. Während sich viele Menschen uneins darüber sind, welche Rolle Jesus nun zukommt, kennt das Böse sehr wohl seinen Gegenspieler – und zwar in allen: „Jesus, du Sohn des höchsten Gottes“.
Das Böse eindeutig benennen
Um das Böse austreiben zu können, war dem antiken Verständnis die Benennung grundlegend. Nach Markus und Lukas fragt Jesus deshalb das Böse nach dessen Namen. Zur Antwort bekommt er den Hinweis, dass es sich um mehrere Dämonen handelt: „Legion – denn wir sind viele.“
Im besetzten Palästina traten die römischen Soldaten oft als halbe Legion auf, was rund 2000 Mann entsprach. Dass nun eine Legion an Dämonen aus einem Menschen in ein anderes Lebewesen fahren konnte, benötigte es eine dementsprechend große Herde.
Weshalb nun Schweine? Zum einen sind für Judenchristen Schweine unreine Tiere, zudem gilt das Tier als Symbol des heidnischen Kults. Da die Erzählung manche Aspekte aus der antiken Kultur aufgreift, gilt ebenfalls zu beachten, dass die Völker der Antike Schweine als Opfergabe ihren Göttern darbrachten.
Das Gute zeigt seine Macht
In dieser Geschichte steht die Autorität Jesu und seine Macht, über das Böse gebieten zu können, außer Frage. Auch wenn ihm alle Geister untertan sind, herrscht keine Übereinstimmung zwischen dem Guten und dem Bösen. Dies wird deutlich als sich der Dämon mit der Frage distanziert: „Was haben wir mit dir zu schaffen?“
Unabhängig der mythischen Elemente dieser Begebenheit wird die Vollmacht Jesu deutlich. Nachdem er auf dem See Genezareth beim Stillen des Sturms seine Macht über die Naturgewalten demonstrierte, zeigte er nun seine ganze Autorität auch über das personalisierte Böse.
Dämonen auch heute?
Und heute? Sind die Menschen heute nicht auch oft beherrscht von manchen mächtigen Geisteskräften? Selbstsucht, Jähzorn, Neid oder anderer Zwänge – der selbstreflektierte Mensch erkennt manche böse Motivation an sich selbst. Oft fühlt man sich völlig hilflos seinen eigenen „Dämonen“ ausgeliefert. Auch der besserungswilligste Mensch fällt immer wieder in den alten Trott zurück und fühlt sich völlig der eigenen Unvollkommenheit ausgeliefert und dem Bösen gegenüber unterlegen.
Aber: Die Macht des Guten war, ist und wird immer größer sein als die des Bösen. Und Christus gibt von dieser Macht sogar ab! Im Heiligen Abendmahl teilt Christus dem Glaubenden von seinem Wesen mit – das sich durch vollkommene Überwinderkraft auszeichnet –, sodass der Gläubige in Christus lebt. (vgl. KNK 8.2.20). Durch diese vollkommene Kraft kann, trotz menschlicher Unvollkommenheit, das Böse überwunden werden. Und das Gute kann wachsen.
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