„Dieser Tag hat mein Leben verändert“

Den Glauben bekennen – das kann zur Herausforderung fürs Überleben werden. So erlebt es Mannki Nag. Im Interview gibt die 27-jährige Inderin freimütig Einblicke in ihren Alltag zwischen Existenzkampf und Glaubensfreude.

Wo sind Sie zu Hause?

Ich komme aus einem Dorf namens Krushnar, das im Distrikt Jagdalpur des Bundesstaates Chhattisgarh in Zentralindien liegt. In dieser Region spricht man sowohl die Landessprache Hindi als auch die lokalen Sprachen Gondi und Halvi. Es ist eine sehr rückständige Stammesregion, in der Religion, Gemeinschaft und Kaste bis heute von großer Bedeutung sind.

94 Prozent der Bevölkerung in der Region sind nichtchristlich und unsere Dorfgemeinschaft weiß nichts von Jesus Christus. In unserer Kultur werden rituell Götzen angebetet.

Wie kamen Sie zum christlichen Glauben?

Im Laufe meines Lebens hatte ich mich öfters gefragt, was Götzen aus Metall, Stein oder Holz mit Gott zu tun haben. Eines Tages im März 2014, als ich unterwegs war, um meine Verwandten in einem 25 Kilometer entfernten Dorf zu sehen, traf ich unerwartet einen Evangelisten der Neuapostolischen Kirche. Er erzählte mir über Jesus Christus, den einzig wahren Gott, und das neuapostolische Glaubensleben. Der Evangelist hat mir in dem Gespräch verständlich gemacht, was der „Gnadenaltar“ und der einzige Weg zur Errettung sind. Auf dem Heimweg wurde mir klar, dass Jesus Christus der wahre Weg zur Erlösung ist, und ich habe mich entschieden, ihm zu folgen. Dieser Tag hat mein Leben verändert.

Wann sind Sie dann neuapostolisch geworden?

Im folgenden Monat, am 13. April 2014, bin ich fünf Kilometer gelaufen, um an einem Open-Air-Gottesdienst teilzunehmen, der von Apostel Christranjan Nanda gehalten wurde. Es war ein seltener Anblick in meiner Gegend, 200 Leute versammelt zu sehen. Es war eine große Aufregung für uns alle, die wir uns aus den umliegenden Dörfern versammelt hatten, da wir zum ersten Mal einen Apostel Jesu Christi sahen. Der Apostel sprach über die Errettung, die am Gnadenaltar des Herrn angeboten wird. An diesem Tag war ich unter den 19 Seelen, die durch Apostel Nanda das Sakrament der Heiligen Versiegelung empfingen, und ich beschloss, unter allen Umständen stark zu bleiben.

Ich hatte immer noch viele Fragen und ich war mir sicher, dass Apostel Nanda die Person war, die meine Fragen beantworten konnte. Das hat mich einige Tage beschäftigt, bis ich ihn anrief. Danach führten wir jeden Tag einen ganzen Monat lang Telefongespräche und beteten zusammen.

Gab es auch eine neuapostolische Gemeinde in der Nähe Ihres Wohnortes?

Etwa zwei Monate nach meiner Versiegelung besuchte Apostel Nanda ein Dorf namens Mardapa, das zwei Kilometer von unserem Dorf entfernt liegt. In dem Gottesdienst wurde ein Priester ordiniert. Ich habe mich sehr gefreut, denn endlich war es auch mir möglich, jeden Sonntag Gottesdienste zu besuchen. Aktuell zählt unsere kleine Gemeinde 20 Glaubensgeschwister, die sich bei einem Gemeindemitglied zu Hause zu den Gottesdiensten versammeln. Es macht mir große Freude, zu anderen Dorfbewohnern zu gehen und sie einzuladen, in die Kirche zu kommen. Wenn unser Priester nicht vor Ort ist, organisiere ich Gebetskreise und führe auch Bibelstunden durch, um die Gemeinschaft der Glaubensgeschwister aufrechtzuerhalten. Jeden Sonntag verbringe ich gerne den Tag mit den Mitgliedern unserer Gemeinde und teile meine Glaubenserfahrungen mit ihnen, da die meisten Bewohner meines Heimatdorfes während der Woche nicht mehr mit mir sprechen.

Und wie reagierte Ihre Familie darauf, dass Sie sich zu Jesus bekannten?

Mit Begeisterung erzählte ich meinen Eltern und meinem jüngeren Bruder über meine neuen Einsichten und meine Glaubensüberzeugung. Meine Eltern weigerten sich strikt, Jesus Christus zu akzeptieren, da sie wussten, dass die ganze Familie aus unserer Dorfgemeinschaft ausgeschlossen und vertrieben würde. Und obwohl meine Eltern es ablehnten, meine Glaubensüberzeugung zu akzeptieren, wurde ihnen die Arbeit in der Landwirtschaft verweigert. Sie wurden aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen, weil ich Christin bin.

Ihr Entschluss, christlich zu leben, bricht somit einige Traditionen, die in Ihrem Umfeld gelebt werden …

In Indien liegt das Durchschnittsheiratsalter eines Mädchens bei 22 Jahren. Nach örtlichen Ritualen soll ein Mädchen jedoch bereits im Alter von 15 Jahren verheiratet werden. Daher ist es üblich, dass Eltern die Hochzeit ihrer Tochter bereits von ihrer Geburt an planen – und ich bin keine Ausnahme. Der für mich gewählte Junge war jedoch ein Nichtchrist. Aber ich bin fest entschlossen, ein christliches Leben zu führen, und würde lieber unverheiratet bleiben, als einen Nichtchristen zu heiraten. Ich bete darum, dass Gott mir seinen Willen offenbart.

Womit halten Sie sich im Natürlichen über Wasser?

Unsere Region ist als „Rice Bowl of India“ – „Indische Reis-Schüssel“ – bekannt, weil hier viele Reissorten und saisonal auch Hülsenfrüchte angebaut werden. Auch meine Familie lebte von der Landwirtschaft. Jetzt dürfen wir nicht mehr auf Farmen arbeiten, wie ich bereits erwähnt habe, und das Leben für mich und meine Familie ist sehr schwierig geworden. Ich lernte, wie man Kleidung näht, und unterstütze meine Eltern, indem ich für die Bewohner in den Nachbardörfern schneidere. So versuchen wir, über die Runden zu kommen. Da ich die Schule bis zur 12. Klasse absolviert habe, möchte ich gern einen Bachelor-Abschluss in Kunst machen, der mir helfen würde, mehr zum Unterhalt meiner Familie und zum Wohl der Gesellschaft beizutragen.

Was ist Ihr größter Wunsch, Ihr Traum?

Ich wünschte, meine Familie könnte verstehen, was ich fühle. Ich warte auf den Tag, an dem alle Dorfbewohner von Jesus Christus und der neuapostolischen Lehre erfahren und wir ein eigenes Kirchengebäude bekommen.

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Dinara Ganzer, Shvta Tandra , Vipin Tandra
05.05.2018
Indien, Gemeindeleben, Persönlichkeiten