Den Gottesdienst geformt

Vor 125 Jahren ordinierte Stammapostel Friedrich Krebs zwei Männer zu Aposteln, die sich bereits in der noch jungen Kirche verdient gemacht hatten. Neben dem Amt hatten die beiden Gemeinsamkeiten, die sich bis heute auswirken.

Eliese und Friedrich, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts bei Hamburg (Deutschland) das Ja-Wort gaben, teilten nicht nur ihre Liebe füreinander: Ihre Väter waren beide Apostel, die der noch jungen Apostolischen Kirche bei ihrer Entwicklung auf ähnliche Weise halfen: Wilhelm Sebastian, der Vater der Braut, brachte ein Liturgiebuch heraus und verschaffte der jungen Gemeinde Wolfenbüttel eine Versammlungsstätte. Und Bräutigamsvater Friedrich Wachmann brachte rund 20 Jahre früher ein Liturgiebuch heraus und kaufte für die Gemeinde Hamburg-Borgfelde ein erstes eigenes Gotteshaus.

Wenn der Hausmeister die Liturgie macht

Der 1841 geborene Heinrich Christian Friedrich Wachmann empfing als 22-jähriger gemeinsam mit dem späteren Stammapostel Krebs unter freiem Himmel das Sakrament der Heiligen Versiegelung. Er arbeitete als Maurer, Bauer und Bäcker und sogar nebenbei als Bürgermeister. In seiner freien Zeit engagierte er sich in der Kirche. Ab 1874 war er quasi Gastgeber der Gemeinde Hamburg, denn die Gottesdienste fanden auf seinem Hof im Stadtteil Lurup statt. Fünf Jahre später führte dieser Weg weiter: Am 21. September 1879 empfing Friedrich Wachmann das Diakonenamt und ein halbes Jahr später das Priesteramt.

Um den Dreh rum muss er das Andachtsbuch „Die Liturgie. Andachtsbuch zum Gebrauch bei allen Gottesdiensten der apostolischen Gemeinschaft“ zusammengestellt haben. Die später als „Wachmann-Liturgie“ bekannte Ausgabe enthielt wie schon das erste Buch mit abgedruckten Liedern, die Stechmann-Liturgie, Angaben zum Verlauf der Gottesdienste bei verschiedenen Gelegenheiten. Allerdings waren nun nicht mehr alle Gebete ausformuliert. Und auch die Liturgie der Gottesdienste änderte sich: Zum Beispiel schob sie das Vaterunser vom Anfang der Gottesdienste nach hinten vor die Feier des Heiligen Abendmahls. Sie kürzte die Gottesdienste ab, indem sie weniger liturgische Lieder, Wechselgesänge und Bibellesungen enthielt. Dadurch rückte die freie Predigt mehr in den Mittelpunkt des Gottesdienstes.

Loben, danken und eine Kirche kaufen

Mit 180 Liedern enthielt die Wachmann-Liturgie auch deutlich mehr Lieder als ihre Vorgängerin von Apostel Stechmann. Zum evangelischen Liedgut kamen neu amerikanische Erweckungslieder. Die 32 Lieder im ersten Teil waren für den normalen Gottesdienst sowie für die kirchlichen Feiertage. Im zweiten Teil gab es Texte für die Durchführung von Taufen, Konfirmationen und Trauungen sowie dazu passende Lieder. Und unter der Überschrift „Lob- und Danklieder“ fanden sich 57 Lieder, die allerdings nicht alle thematisch mit Lob und Dank zu tun haben. Im dritten Teil, dem Anhang, waren weitere 18 Lieder freikirchlicher Gemeinden.

Auf Wunsch seines Vorangängers Friedrich Krebs verließ Friedrich Wachmann 1893 als Bischof seinen Hof und zog in die Nähe der Zentralgemeinde Hamburg. Im selben Jahr kaufte er der Gemeinde Hamburg-Borgfelde deren erstes eigenes Gotteshaus.

Jung und viel Verantwortung

Wilhelm Christian Sebastian wurde 1846 geboren und empfing 1868 von Apostel Carl Wilhelm Luis Preuß das Sakrament der Heiligen Versiegelung. Er lernte Maschinenbauer, später gründete er einen Reparaturbetrieb für Fahrräder und Nähmaschinen. Auch er war für die Kirche in Hamburg sehr aktiv. Als der damalige Älteste und spätere Stammapostel Krebs um Hilfe bat und Apostel Preuß ihn schickte, widersprach der gerade einmal 26-jährige Wilhelm Sebastian nicht und zog nach Braunschweig.

Schon am 1. Juni liest man über ihn in einem Polizeiprotokoll, er wolle „eine sogenannte christliche apostolische Gemeinde gründen, welche den Zweck habe, dem Christenthum Dienste zu leisten“. Immerhin 20 Personen versammelte er da schon regelmäßig. Bald bekam er dazu das Diakonenamt. Kurz darauf kaufte er ein Grundstück für sein Nähmaschinengeschäft und baute einen Teil zu einer würdigen Versammlungsstätte für die Gemeinde aus. Immer seltener stand er jetzt selbst im Laden, weil er ständig für die Kirche unterwegs war.

Mehr Lieder, weniger Texte

„Von dem von Gott erweckten und wieder aufgerichteten Apostolat ist der Beschluss ausgegangen, den Apostolischen Gemeinden ein einheitliches Kirchengesangbuch zu geben, welches den zeitgemäß geoffenbarten Glauben an die Sendung unseres Herrn Jesu Christi seinen gesandten Aposteln und durch dieselben aufgerichteten Werke der Sendung entspricht“ heißt es im Vorwort des Gesangbuchs. 390 Lieder enthält jenes „Apostolisches Gesangbuch nebst einer kurzen Anleitung für den Gottesdienst“. Es sind ähnliche Lieder wie in der Wachmann-Liturgie und auch hier finden Geistliche Anweisungen zur Liturgie in den Gottesdiensten und bei festlichen Anlässen. Diese Texte sind kürzer als in der Wachmann-Liturgie. 1900 erschien ein Anhang mit 131 weiteren Liedern mit Liedersammlungen freikirchlicher Gemeinschaften und mehr Erweckungsliedern. Das Vorwort betonte aber: „Die darin aufgenommenen Lieder sind teilweise von Mitgliedern der Apostolischen Gemeinde gedichtet“. Nach seiner Ordination zum Apostel übernahm Bruder Karnstädt aus Wolfenbüttel Wilhelm Sebastians Sonderauftrag.

1903 und 1912 starben die beiden Gottesmänner, denen die Kirche heute noch viel zu verdanken hat.

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