Die Gemeinde als lebendiger Brief Christi
Das Apostelamt hat in der neuapostolischen Lehre einen besonderen Stellenwert. Als am 14. Juli 1835 die Zwölfzahl im Apostelkreis der Katholisch-apostolischen Kirche entstand, nahm das apostolische Denken Fahrt auf. Bis heute. Im Gemeindeleben muss sich das zeigen.
Jesus ist das Haupt seiner Kirche. Er überträgt seine Vollmachten an das Apostolat. Deshalb gehört zum Kirchsein die Lehre der Apostel dazu. Schon vor 2000 Jahren blieben die ersten Christengemeinden beständig in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet. Das sind die Basics christlichen Glaubens: das Apostolat, die Gemeinde, das Abendmahl und das Gebet. Zwar gibt es viele verschiedene Konfessionen innerhalb des christlichen Hauses, doch gehört die Lehre der Apostel zum christlichen Allgemeingut.
Ein Amt, viele Aufgaben
Paulus spricht vom Apostelamt als dem Amt des Geistes, der Versöhnung oder des Wortes. Auch dass sie an „Christi statt“ wirken, stammt von ihm. Sie sind die Haushalter über Gottes Geheimnisse, sagt er weiter. Und er selbst hat sich als solcher empfunden: „Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen“ (2. Korinther 4,5). Somit steht Jesus Christus im Zentrum der apostolischen Verkündigung. Überall dort, wo Jesus Christus wahrhaftig gepredigt wird, steht dies auf dem Boden der ursprünglichen apostolischen Predigt, die im Neuen Testament treu bewahrt ist.
Aufgaben über die Zeit hinaus
Die Erfüllung dieser Aufgaben, so macht Paulus ferner deutlich, hat Bedeutung für die Christen aller Zeiten. Nicht allein auf die Antike kann daher die Wirksamkeit der Apostel beschränkt sein. Dazu sagt der vierte neuapostolische Glaubensartikel, dass die Regentschaft durch Jesus Christus in seiner Kirche unter anderem ihren Ausdruck in der Sendung der gegenwärtigen Apostel (KNK 2.4.4) findet. Sie haben den Auftrag, das Evangelium von Tod, Auferstehung und Wiederkunft des Herrn zu verkündigen und die Sakramente zu spenden.
Das neuzeitliche Apostolat
Was geschah nun am 14. Juli 1835 in England? Im Wesentlichen zwei Ereignisse: Zum einen wurde die biblische Vollzahl von zwölf Aposteln für die Kirche Christi erreicht, so glaubte es seinerzeit die Katholisch-apostolische Kirche. Zum anderen stellten sich die Gemeinden hinter sie und legitimierten sie damit als Leiter der Kirche. Einer der drei Meilensteine – die Rufung der Apostel, die Aussonderung der Apostel und die Aussendung der Apostel – war vor den Augen der Gemeinde geschehen.
Alle Zeichen erfüllt
Der Termin war lange schon für ein besonderes Ereignis vorhergesagt worden: Was man zunächst als Datum für die Wiederkunft Christi ansah, wurde später als Zeitpunkt für die Kirchwerdung der apostolischen Bewegung umgedeutet. Einerseits waren alle sieben Gemeinden in London konstituiert, andererseits die zwölffache Besetzung des Apostelamtes hergestellt worden. Allerdings, und das ist an Dramatik kaum zu überbieten gewesen, gab es bis zum Nachmittag des 14. Juli nur elf Apostel. Der vorgesehene zwölfte, David Dow, wollte seine Berufung nicht annehmen. Nach dem biblischen Vorbild – Nachwahl des Apostels Matthias – entschied schließlich das Los für Duncan McKenzie. Endlich waren alle Zeichen erfüllt: Am Abend des 14. Juli 1835 legten die Leiter der sieben Londoner Gemeinden jedem der zwölf Apostel die Hände auf. Durch Handauflegung wurden sie ausgesondert, also von ihren bisherigen Aufgaben in der Gemeindearbeit freigestellt sowie für ihre künftige Aufgabe – die Leitung der Gesamtkirche – ausgerüstet und gesegnet.
Und heute, und wir?
Was hat das alles mit der Kirche von heute zu tun, könnte man fragen? Das Apostelamt hat nach Paulus unter anderem die Aufgabe, die Gläubigen zu einem „Brief Christi“ zu machen: „Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen“ (2. Korinther 3,3). Jeder also, der sich in der Gemeinschaft mit den Aposteln Jesu befindet, ist dazu gesandt, seinen Glauben durch Wort und Tat zu bezeugen. Das heißt, konkret übersetzt:
- Nächstenliebe üben: Nein zu Lüge und Ungerechtigkeit!
- Mut haben: Mit Gottes Hilfe kann der Glaubende in schwierigen Situationen bestehen!
- Versöhnlich sein: Versöhne dich mit deinem Nächsten, so wie du mit Gott versöhnt bist!
- Glauben behalten: Auch wenn viele Menschen zweifeln, wir glauben!
Foto: Oliver Rütten