Spotlight 3/2020: Du denkst also, du bist frei?

Jesus macht frei – doch was passiert, wenn der Mensch gar nicht merkt, dass er unfrei ist. In Gedanken zum Beispiel oder in Vorurteilen. Überlegungen von Bezirksapostel John Kriel, Südafrika.

Als Apostel habe ich unsere Geschwister im Gefängnis bedient und dabei erlebt, was es bedeutet, wenn man jemandem die Freiheit einschränkt. Diese waren Menschen, die des einen oder anderen Verbrechens für schuldig befunden worden waren. Was auch immer sie sonst in ihrem Leben getan haben mögen war daher von geringer Bedeutung. Denn sie würden für immer nach den Taten beurteilt, für die sie für schuldig befunden worden waren — und würden den Preis dafür zahlen müssen.

Jesus kam, um die Menschen zu befreien, aber diese Freiheit war nicht unbedingt auf einer natürlichen Ebene zu verstehen. Nein, die Freiheit, die Jesus anbot, war etwas Größeres. Es war eine Freiheit, die selbst die am härtesten Unterdrückten erfahren konnten. In diesem Zusammenhang erinnern wir uns an die Ehebrecherin. Jesus machte sie frei, und gab ihr auch den Rat, wie sie frei bleiben sollte: „Geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“

Wie die Neujahrsbotschaft des Stammapostels uns klargemacht hat: „Der Herr zwingt uns diese Freiheit nicht auf. Aber er befreit den, der sich befreien lassen will!“ In der Zeit Jesu nahmen viele die von ihm angebotene Freiheit nicht an, da sie glaubten, sie nicht zu brauchen. Das hat mich zum Nachdenken angeregt: Sind wir manchmal doch gebunden, ohne es zu merken? Denken wir, wir sind frei, nur um durch die Anregung des Heiligen Geistes jäh zu einem neuen Bewusstsein erweckt zu werden?

Vor fast 50 Jahren wurde einer meiner älteren Brüder ermordet. Dies war eine sehr, sehr traurige Zeit in meinem Leben. Lange Zeit hatte ich rachsüchtige Gedanken gegenüber dieser Person. Mit der Zeit ließ meine Wut nach und ich glaubte, mich endlich mit diesen Ereignissen abgefunden zu haben. Ich dachte, ich hätte der Person vergeben, die diese schreckliche Tat begangen hatte.

Wie bereits erwähnt, habe ich in Gefängnissen Gottesdienste gefeiert. Während eines dieser Gottesdienste war es meine Aufgabe, drei Männern, die den Wunsch geäußert hatten, neuapostolisch zu werden, die Heilige Versiegelung zu spenden. Ich war zuvor darüber informiert worden, dass der Grund für ihre Inhaftierung darin bestand, dass alle eine oder mehrere Personen ermordet hatten.

Im Augenblick, als diese drei Männer vor dem Altar standen, kam mir der Gedanke: „Wenn man dir nun sagen würde, dass einer von diesen Männern derjenige war, der deinen Bruder getötet hat, würdest du ihm dennoch die Heilige Versiegelung spenden?“ Plötzlich stand ich vor einer Frage: „Ich dachte, ich hätte vergeben, aber habe ich das auch wirklich getan? War ich wirklich frei von rachsüchtigen Gedanken?“ In diesem Moment bat ich den Herrn aufrichtig, mich völlig frei zu machen.

Zum Glück konnte ich in meinem Herzen ehrlich sagen, dass selbst wenn ich wüsste, dass einer dieser Männer der Mörder meines Bruders wäre, ich ihn mit der Gabe des Heiligen Geistes versiegeln würde. Und in diesem Augenblick wusste ich: Christus kann ihn befreien, genauso wie er mich befreit hat.

Wir wurden durch den Sohn Gottes von der Sünde befreit, der sagte: „Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei“ (Johannes 8, 36).



Foto: NAC Southern Africa

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John Leslie Kriel
25.02.2020
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