Laufen lernen durch Beinverletzung

Er stolperte in die Neuapostolische Kirche. Und ab da war er mit Feuereifer dabei, für seine Kirche zu arbeiten: Am 26. April wäre Bezirksapostel Otto Steinweg 160 Jahre alt geworden.

Ein Hund ist schuld, dass Johann Otto Heinrich Steinweg, genannt Otto, neuapostolisch wurde. Im Winter 1892 wollte er Wasser aus dem Keller holen und übersah den Hund, der auf der obersten Kellertreppenstufe schlief. Die Folge: Otto erreichte das unterste Stockwerk schneller als gedacht.

Sehnenbandzerrung war die Diagnose und er durfte erst einmal nicht mehr gehen noch arbeiten. Stattdessen ließ er sich die Bibel bringen, um etwas Sinnvolles mit der freien Zeit anzufangen. Seine Ehefrau Marie, geborene Heidenreich, war etwas verwundert über sein Interesse daran und auch, als ihr Mann plötzlich vorschlug, mal in der Neuapostolischen Kirche die Gottesdienste zu besuchen.

Seine beiden Schwestern hatten Otto und Marie schon mehrmals versucht, einzuladen und Marie wollte schon heimlich mitgehen. So gingen sie dann doch zusammen und empfingen gemeinsam mit Tochter Gertrud am 28. Juni 1893 vom späteren Stammapostel Friedrich Krebs in Braunschweig das Sakrament der Heiligen Versiegelung. Seinen ersten Amtsauftrag als Unterdiakon erhielt er 1894 und diente von da an in verschiedenen Amtsstufen.

Die Vorgeschichte

Otto Steinweg war am 26. April 1864 in Ottenstein zur Welt gekommen. Er verlor schon früh seine Mutter. Nachdem sein Vater wieder neu geheiratet hatte, starb auch er, als Otto zehn Jahre alt war. Die neue Mutter sorgte für ihn und seine Geschwister, konnte es sich aber nicht leisten, dass Otto, wie er sich wünschte, Bildhauer wurde. So ging er in den Postdienst, bildete sich aber mit Privatunterricht weiter.

Gute Nachbarschaft

Zwei Umzugswagen hielten am 13. September 1895 vor dem Mehrfamilienhaus in der Hedwigstraße 13 in Braunschweig. Friedrich Krebs bezog mit seiner Ehefrau Minna und Tochter Klara ein Stockwerk und Otto mit Frau und Tochter ein anderes. „Wir wollen gute Nachbarschaft halten“, soll der spätere Stammapostel gesagt haben. Und die war wirklich gut.

Nicht nur, dass der Priester und Prophet Otto Steinweg seinen Vorangänger auf vielen Reisen begleitete, er stellte auch seine Wohnung gern zur Verfügung, da die Familie von Friedrich Krebs nicht neuapostolisch war. So fanden dort Zusammenkünfte und Besprechungen statt und die ab Oktober 1895 erschienene Zeitschrift „Wächterstimme aus Ephraim“ wurde hier zusammengestellt und korrigiert. Otto schrieb dort auch als Priester das erste Kirchenbuch der Gemeinde Braunschweig. Außerdem war Friedrich Krebs bei der Familie Steinweg, die inzwischen auf drei Töchter angewachsen war, auch privat ein gerngesehener Gast.

Der Tod der Eltern blieb nicht der einzige Schicksalsschlag, mit dem Otto Steinweg umgehen musste. Er verlor seine Ehefrau und die erstgeborene Tochter Gertrud mit gerade mal 14 Jahren.

Eine wichtige Aufgabe

1905 setzte Stammapostel Hermann Niehaus Otto Steinweg zum Apostelhelfer von Apostel Wilhelm Sebastian. Als der in den Ruhestand kam, übernahm Otto den Apostelbezirk Braunschweig und diente den damals rund 7000 Glaubensgeschwistern in 90 Gemeinden des Bezirks, der sich über Hannover, Magdeburg, Wolfenbüttel, Halberstadt und Coswig erstreckte.

Der rustikale Apostel

Am 23. Oktober 1913 heiratete er erneut: Mit Anna Fehse bekam Otto noch vier Söhne, die allesamt als Geistliche aktiv waren. Sein jüngster Sohn Arno war später Bezirksapostel für den Bezirk Niedersachsen.

Er habe teilweise eine rustikale Art an sich gehabt, weiß Peter Steinweg aus Erzählungen über seinen Großvater. Ohne Vorwarnung habe er einem Diakon am Altar gesagt: „Ich nehme Ihnen hiermit das Diakonenamt“ und nach der schockierten Stille fortgeführt: „Und lege Ihnen das Priesteramt auf.“

Doch habe sich der Geistliche es nicht nehmen lassen, selbst Diakonenaufgaben zu übernehmen. Oft schloss er die Kirchen auf, in denen er vorhatte, den Gottesdienst zu feiern und blieb an der Tür stehen, um jeden einzelnen zu begrüßen.

Der liebende Apostel

Während seiner 30-jährigen Amtszeit wuchs der Bezirk auf 20.000 Glaubensgeschwister und 171 Gemeinden. Er baute 16 neue Kirchen und kaufte neun Grundstücke.

Nicht nur für seine rustikale Art war der Apostel bekannt, auch für seine Liebe. Er arbeitete unermüdlich für seine Anvertrauten, auch als er im Juni 1937 plötzlich an Asthma erkrankte, war er unterwegs, um Glaubensgeschwister zu betreuen. Und als er bereits im Sterben lag, betete er für sie.

Am 5. Juli 1937 starb Otto Steinweg mit 73 Jahren. Den Trauergottesdienst drei Tage später feierte Stammapostel Johann Gottfried Bischoff auf dem Hauptfriedhof in Braunschweig. Er sagte unter anderem über den Bezirksapostel: „Er hat den Glauben gehalten. Die Werte, für die er Zeit und Kraft einsetzte, sind bleibender Natur. Wir haben die Gewissheit, dass sein Leben nicht vergeblich, sondern ein Segen für seine Familie und für die seiner Pflege anvertrauten Gotteskinder war.“

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