Die Sakramente (16): Der Weg in die Taufgemeinschaft
Taufen anderer Konfessionen anzuerkennen, ist nicht so selbstverständlich, wie es klingt und hat im Laufe der Kirchengeschichte ihr Auf und Ab. Bis die Neuapostolische Kirche die Taufe anderer Kirchengemeinschaften anerkennen konnte, musste einiges in Gang gesetzt werden.
„Die Heilige Wassertaufe ist die erste und grundlegende sakramentale Gnadenmitteilung des dreieinigen Gottes an den Menschen, der an Jesus Christus glaubt.“ So heißt im neuapostolischen Katechismus KNK 8.1. Das klingt zunächst selbst-erklärend. Zumal die Taufe mit Wasser das erste Sakrament in der Kirche ist, das Initiationssakrament. Es macht den Menschen zum Christen.
In der Rückschau wird aber deutlich, dass sich selbst in dieser Frage die Gelehrten und Geistlichen jahrhundertelang gestritten haben: Welche Taufe ist gemeint? Wie wird sie zelebriert? Wer darf sie spenden? Wem darf sie gespendet werden? Und was genau macht die Taufe mit dem Getauften?
Taufe als konfessionelles Bekenntnis
Fragen über Fragen, die je nach Zeit und Konfession anders beantwortet wurden. Da macht die Neuapostolische Kirche keine Ausnahme. Auch in ihrer Kirchengeschichte gab es unterschiedliche Akzente des Verständnisses. Nachvollziehbar ist das vor allem dadurch, dass die Heilige Schrift kein rundes Bild von den Sakramenten allgemein und der Wassertaufe im Speziellen liefert. Die Bibel ist eben kein Rezeptbuch – sie ist Grundlage der Lehre, die aber konfessionell ausgestaltet wird.
Das Neue Testament trägt viele Aussagen zur Taufe bei, aus denen sich jedoch kein einheitliches Taufverständnis oder gar eine Tauflehre ableiten lässt. Das jeweilige Taufverständnis einer Kirche ist demnach immer Bibel-basiert, aber konfessionell ausgelegt. So auch in der Neuapostolischen Kirche.
Auf Distanz: Bestätigung nötig
In einem Lehrbuch von 1916 heißt die Frage: „Hat die in anderen Glaubensgemeinschaften empfangene Taufe auch in der Neuapostolischen Kirche Gültigkeit?“ Die Antwort darauf: „Ja. Wenn die Handlung im Namen des dreieinigen Gottes mit Glaubenswort und Wasser vollzogen ist, dann wird sie durch den von Gott und Christo bevollmächtigten Bundesschließer – den Apostel – bei der heiligen Versiegelung anerkannt und bestätigt.“ Die vollzogene Wassertaufe ist gültig, wird aber vor der Heiligen Versiegelung öffentlich anerkannt.
Im Fragen-und-Antworten-Katechismus von 1952 wird in Frage 267 über den Wert der Taufe nachgedacht: „Welchen Wert hat die in einer anderen Gemeinschaft vollzogene Taufe?“ Unmissverständlich lautet die Antwort: „Sie hat keinen größeren Wert als die Nottaufe vor ihrer Bestätigung. Es ist also zu einer Bundesschließung mit Gott nicht gekommen, da die Handlung unvollständig ist.“ Als unvollständig wurde sie deshalb bezeichnet, weil erst die Kombination mit der Heiligen Versiegelung die Wiedergeburt auslöst. Zu jener Zeit distanzierte sich die Neuapostolische Kirche klar von den ökumenischen Kirchen.
Das Umdenken beginnt
Nach bewegten Jahren und Diskussionen folgte in Fragen-und-Antworten von 1992 ein mildes Umdenken. Dort lauteten Frage 202 und die Antwort darauf: „Welchen Wert hat die in einer anderen christlichen Gemeinschaft vollzogene Taufe? Die Wassertaufe, die in einer anderen christlichen Gemeinschaft oder Kirche im dreieinigen Namen Gottes empfangen wurde, wird von der Neuapostolischen Kirche als ein für diese Gemeinschaft gültiges Sakrament anerkannt. Zur Erlangung der Wiedergeburt aus Wasser und Geist ist die Bestätigung dieser Taufe durch den Apostel oder einen von ihm beauftragten Amtsträger Voraussetzung.“
Anerkennung als ein für die jeweilige Konfession gültiges Sakrament – das kennen andere Kirchen auch aus ihrer Geschichte. Wer als Kirche ökumenisch tätig werden will, kann so nicht schreiben, denn „dort gültig“ heißt auch „hier nicht gültig“. Darüber verstärkt nachzudenken, legte sich die Kirchenleitung zu Beginn der 2000er Jahre auf. Projektgruppen und Bezirksapostelversammlungen beschäftigen sich zunehmend mit theologischen Themen, mit dem Sakramentsverständnis, dem Kirchenverständnis und dem Amtsverständnis.
Uster bringt den Durchbruch
Ein Informationsabend am 24. Januar 2006 aus der Gemeinde Uster (Schweiz) läutete die geänderte Sicht auf das Taufverständnis ein. Die offizielle Webseite beschrieb das damals so: „Das hat es innerhalb der Neuapostolischen Kirche noch nicht gegeben: neue Definitionen und Präzisierungen der bisherigen Glaubenslehre wurden mit Hilfe einer Präsentation weltweit vermittelt, vorgetragen durch den Leiter der internationalen Kirche, Stammapostel Wilhelm Leber.“
Gegenstand der aufwändigen Lehrvermittlung waren das geänderte Lehrverständnis zur Taufe sowie Fragen zur Exklusivität der Neuapostolischen Kirche. Die Taufen, die in anderen christlichen Kirchen formgerecht vollzogen wurden, werden künftig ohne weitere Bestätigungsformeln anerkannt. Die damals veröffentlichten Lehrpapiere sind in den Katechismus eingeflossen.
Taufe gilt für die ganze Kirche
Heute lautet die Antwort auf die Frage 493: „Ist die in einer anderen Kirchengemeinschaft vollzogene Taufe gültig?“ wie folgt: „Ja, die Spendung der Wassertaufe ist in allen Bereichen der einen Kirche Christi möglich und wirksam. Die Wassertaufe ist der erste Schritt auf dem Weg zur völligen Erlösung. Überall, wo in dem Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, mit Wasser getauft wird, hat die Taufe Gültigkeit. Somit ist die Wassertaufe der Kirche als ganzer anvertraut. Der Grund dafür liegt im allgemeinen Heilswillen Gottes.“
Das gilt wechselseitig: So, wie die Neuapostolische Kirche die formgerechten Taufen in anderen Kirchen anerkennt, akzeptieren auch die anderen Kirchen die neuapostolische Wassertaufe.
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Peter Johanning
17.08.2020
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