Die Sakramente (14): Zwischen Tauchen und Tropfen

Wasser ist Leben. Und Taufe ist neues Leben. Doch wie viel Wasser braucht die Taufe? Und wie soll man damit umgehen? Darauf haben Theologen drei Antworten – und Archäologen noch eine vierte. Gibt es eine Richtige?

Die Taufe Christi: Seit Jahrhunderten haben die Künstler so ihre Probleme, sich davon ein Bild zu machen. Mal steht Jesus hüfttief im Wasser, mal geht er trockenen Fußes durch das Geschehen. Kein Wunder, denn den Malern fehlt das Vorbild.

Wie genau die ursprüngliche Taufe aussah, darüber schweigt sich das Neue Testament aus. Weder in den Evangelien noch in der Apostelgeschichte oder den Briefen wird der Ritus beschrieben, geschweige denn der Augenblick der Stiftung so konkret dargestellt, wie etwa beim Heiligen Abendmahl.

Wörtlich auf Tauchgang

Vieles spricht dafür, dass die Urgemeinden durch Untertauchen getauft haben: Vor allem das Wort für Taufe im Neuen Testament ist dafür Beleg. Die christliche Eigenkreation „baptisma“ geht auf das allgemein-griechische „baptō“ zurück. Und das heißt ein- oder untertauchen – meistens jedenfalls.

Doch damit ist der Ablauf der Handlung nicht zweifelsfrei beschrieben. Das zeigen allein detaillierte sprachliche Analysen des Begriffes und seines Kontextes in der Heiligen Schrift. Ganz abgesehen davon, dass das Untertauchen oft nur schwer möglich gewesen wäre: im Gefängnis, in wasserarmen Landstrichen oder bei Massentaufen von 3000 oder 5000 Menschen.

Alternativen sind möglich

Eine zweite Variante ist spätestens in der Mutter aller Kirchenordnungen dokumentiert: Wenn das Taufen in lebendigem, also fließendem Wasser nicht möglich ist, dann ist dem Täufling dreimal Wasser über das Haupt zu gießen. So schreibt es das siebte Kapitel der „Didache“ vor, die ab dem ersten Jahrhundert entstand.

Eine dritte Form bringt das erste offizielle Diskussionspapier zum Thema Taufe um das Jahr 200 ins Spiel. Tertullian nennt in seinem Traktat „De Baptismo“ neben dem Untertauchen („per immersionem“) und dem Übergießen („per infusionem“) auch noch das Besprengen („per aspersionem“).

Worauf Archäologen gestoßen sind

Und welche der drei Taufformen ist die historisch korrekte? Wahrscheinlich keine davon, sondern eine vierte Mischform: Der Täufling steht knie- bis hüfttief im Wasser, während sein Kopf mit Wasser übergossen wird.

Zu dieser Sichtweise gelangen zunehmend die Archäologen. Denn so lassen sich am besten die Abmessungen der Taufbadebecken erklären, die neben den frühen christlichen Kirchen zu finden sind. Und so zeigen es verschiedene Darstellungen: zum Beispiel in einer römischen Katakombe aus dem 3. Jahrhundert, auf dem Grabstein eines Mädchens aus dem Jahr 400 oder Glasfragmente aus einem altrömischen Haus (4./5. Jahrhundert).

Jede Form mit Sinn und Zweck

Also alles falsch, was die Kirchen da machen? Nein, denn sowohl biblisch als auch theologisch haben alle drei traditionelle Formen ihre guten Gründe, ganz ähnlich wie bei der Kindertaufe:

  • Untertauchen (Immersion): Das Neuen Testament nutzt für „taufen“ meist „baptizō“: die tödliche Version von ein/untertauchen, also in etwa ertränken. Das betont die Bedeutung der Taufe als Ende des alten, sündigen Lebens und Beginn des neuen Lebens in Christus (Römer, Kolosser). Das Untertauchen praktizieren vor allem die Orthodoxen Kirche, die Baptisten sowie Pfingstgemeinden.
  • Übergießen (Infusion): Diese Form beruft sich auf ein lukanisches Konzept von Taufe aus der Apostelgeschichte, das in der Ausgießung des Heiligen Geistes ihr Urbild sieht. Der Reinigungscharakter der Handlung hebt die Bedeutung der Taufe als Abwaschung der Erbsünde hervor. Das Übergießen dominiert in der Katholischen, Evangelischen und Anglikanischen Kirche.
  • Besprengen (Aspersion): Die Bibel der frühen Christen war die Septuaginta, die griechische Übersetzung des Alten Testamentes. Das Wort „taufen“ ersetzt hier „besprengen“, etwa in Hesekiel, wo von Reinigung und Erneuerung die Rede ist. Zu dieser Form zählt auch die Praxis der Neuapostolischen Kirche, die Stirn des Täuflings mit Wasser zu benetzen, in dem drei Kreuze gezeichnet werden. Aber auch da gilt die Liturgie-Anweisung: „Es ist darauf zu achten, dass hierbei ausreichend Wasser verwendet wird.“

Die meisten Konfessionen sind sich einig: Wie viel Wasser in der Taufe zum Einsatz kommt, das ist zweitrangig. Entscheidend für den formgerechten Ritus ist allerdings, was Jesus Christus selbst ganz klar vorgegeben hat: „Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (aus Matthäus 28,19).


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