Vater, Macher, Fürsorger

Sein Tod nach kurzer schwerer Krankheit, das war ein Schock für seine kleine Herde in Europa und seine große Herde in Afrika. Vor 25 Jahren starb Bezirksapostel Robert Higelin – ein Mann der Tat und eine Vaterfigur ganz eigener Statur.

Der Bezirksapostel reiste mit großem Gepäck – Übergepäck, zumindest auf dem Hinweg. Jedes Mal, wenn es nach Zaire ging, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, dann hatte er einen riesigen Koffer vollgepackt, der den Rückweg fast leer antrat. Erleichtert um Kleidung und Sachen des täglichen Bedarfs. Und er konnte kaum verstehen, warum es nicht jeder so machte.

„Robert Higelin sah die Not der Menschen. Und das tat ihm weh“, erinnert sich ein langjähriger Wegbegleiter. „Er wollte helfen, wie er konnte“. Daraus wurden später frühjährliche Spendenaktionen in seinem Stammgebiet Frankreich. „Alle Not können wir nicht beseitigen“, lautete seine Devise, „aber nichts zu tun wäre Sünde.“

Frühstart in die Rolle

Väterlich: Das ist – neben spontan, herzlich und mitreißend – der Begriff, der immer fällt, wenn über Bezirksapostel Higelin gesprochen oder geschrieben wird. Er kannte seine Herde beim Namen, wusste wer zu wem gehörte und wer welche Sorge hatte. Einen Rat gab er gerne und wusste auch bei Entscheidungen zu helfen. Ein Vater zum Anlehnen, wie ihn die Gotteskinder der 70er und 80er zu schätzen wussten.

In diese Rolle musste er schon als 23-Jähriger hineinwachsen, kurz nachdem sein Vater, Apostel Josef Higelin, 1957 bei einem Verkehrsunfall gestorben war. „Jetzt nimmst du den Platz des Vaters ein“, sagte seine Mutter – und meinte damit eigentlich den Platz zu Hause bei Tisch. Tatsächlich wurde er keine zwei Wochen später zum Bezirksältesten für die Region Straßburg ordiniert.

Der Macher legt los

Und er legte los, dass den Geschwistern hören und sehen verging: „Die Begeisterung und der Eifer des Bezirksältesten Robert Higelin führten ihn dazu, Arbeiten in Angriff zu nehmen, die viele als unmöglich bezeichnet hätten“. So berichtet die Bezirkschronik von Kirchenerweiterungen und Orgelumzügen, die Wohnung des Bezirksvorstehers war zugleich Kommandozentrale und Baustellenkantine.

Nach seiner Ordination zum Bezirksapostel im März 1972 wurde die Aufgaben wesentlich größer. Jetzt ging es um Kirchenbau. Französisch löste das Deutsche als Gottesdienstsprache ab. Und 1980 übernahm er von der Gebietskirche Kanada die Betreuung von fünf Provinzen im Südosten Zaires.

Immer volle Kraft voraus

„Wer mit mir zusammenarbeitet, der kommt unter die Räder“, sagte Robert Higelin über sich selbst. Soll heißen: Seinen Mitstreitern wurde an Arbeitseinsatz abverlangt, was der Bezirksapostel von sich selbst forderte – nämlich alles. Kaum eine Entscheidung fiel ohne sein Zutun. Gegebenenfalls schaltete er sich auch auf Bezirks- oder Gemeindeebene ein.

„Wer mit anderen gemeinsam tätig ist, lernt aus der Beobachtung, ,wir‘ statt ,ich‘ zu sagen, und erkennt in seinen Mitarbeitern das Göttliche, das der Herr in jeden hineingelegt hat“, trommelte er 1991 in der Zeitschrift „Unsere Familie“ für die „Gemeinsame Mitarbeit“. Frei nach Antoine de Saint-Exupéry schrieb er: Steine hätten keine Hoffnung, je etwas anderes zu sein als Steine. Würden sie aber an- und ineinander gefügt, könnten sie zum Tempel werden.

Der Abschied kommt plötzlich

Die Dauerbelastung forderte ihren Tribut: Im Juli 1995 kehrte der Bezirksapostel aus dem Kongo heim. Die vermeintliche „übergroße Übermüdung“ entpuppte sich als unheilbarer Tumor. Er starb am 16. März 1996 kurz vor Mitternacht. In Kinshasa versammelten sich Hunderte von Glaubensgeschwistern zur Totenwache. Sie beteten und sangen die ganze Nacht.

Trauergottesdienste fanden am 25. März überall im kongolesischen Südosten statt. Währenddessen verabschiedeten sich im französischen Metz Stammapostel Richard Fehr sowie Dutzende von Bezirksaposteln und Aposteln von Robert Higelin. Und Apostel Kim Kabamba Mukenge sagte: „Merci, Papa!“

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Andreas Rother
16.03.2021
Bezirksapostel, Persönlichkeiten