Mosambik: Auf der Suche nach den Gemeinden (Teil 2)

Alvin Witten und seine Frau kommen in Mosambik an. Über Monate reisen sie durch das Land. Sie besuchen hunderte Gemeinden, erfassen Geo-Koordinaten, fotografieren Gemeindevorsteher und Kirchengebäude. 1326 Gemeinden stehen auf ihrer Liste.

Seit Monaten sind sie nun unterwegs. Mal zu zweit, mal mit den ortskundigen Amtsträgern des Landes zusammen. Mal mit dem Auto, mal zu Fuß. Und auch wenn sie mit dem Fahrzeug unterwegs sind, dann nicht immer auf der Straße: „Die Straße zwischen Maputo und Mocuba ist einfach schrecklich. Obwohl es sich um eine Nationalstraße handelt, ist sie in den meisten Gebieten kilometerweit unterbrochen. Auf langen Strecken fahren die Fahrzeuge daher am Straßenrand.“ Auch fehlende Straßen und Brücken machen ihnen immer wieder zu schaffen: In der Regenzeit werden diese oftmals weggespült.

Und dann seien da noch die Polizeikontrollen, viele Kontrollen, die immer wieder aufhalten. „Das Reisen in Mosambik, vor allem durch die Dörfer, ist anstrengend und ermüdend. Es kann bis zu fünf Stunden dauern, um 100 Kilometer zurückzulegen“, resümiert der Bischof.

3500 Kilometer entfernt von der Familie

Eine weitere Herausforderung für die englischsprechenden Eheleute: In Mosambik ist Portugiesisch die Kommunikationsgrundlage. „Jean und ich haben also schon vor unserer Abreise nach Mosambik begonnen, Portugiesisch zu lernen“, berichtet Alvin Witten.

Im ersten Jahr wohnten und arbeiteten sie im Süden des Landes. Da der Großteil der Gemeinden allerdings im Norden des Landes liegt, war schnell klar, dass ein weiterer Umzug notwendig wurde, um möglichst effektiv zu arbeiten, erzählt Bischof Witten. Inzwischen leben sie in Mocuba, etwa 3500 Kilometer von Kindern und Freunden in Kapstadt entfernt. Eine kleine, ländliche Stadt, wie der Bischof berichtet, und vor allem mit schlechter Infrastruktur: Die nächste Einkaufsmöglichkeit sei zwei Stunden entfernt; medizinische Einrichtungen sind gar nicht vorhanden.

Selbst Google weiß nicht weiter

„Wir haben mehr als 1300 Gemeinden, die über das ganze Land verteilt sind, an den entlegensten Orten. Google hat nicht einmal die Namen der kleineren Städte registriert, geschweige denn die Dörfer“, gibt Bischof Witten zu Bedenken. Es war nicht nur Respekt vor der Aufgabe, sondern auch eine Portion Ungewissheit, die mit der Umsetzung verbunden war. Da es bislang keine Aufzeichnungen von Gemeinden und den dortigen Amtsträgern gab, kann nur ein persönlicher Besuch aller Gemeinden weiterhelfen.

Aber wohin reisen, wenn es kein Adressbuch gibt? Hilfestellung und Ablauf sind jede Woche gleich: Die Eheleute Witten fahren mit einem der neun Apostel des Landes in die Kirchenbezirke und warten dann auf den zuständigen Bezirksvorsteher. „Es gibt keine Adressen, keine Orientierungspunkte, nur Busch und Pfade“, erklärt Alvin Witten. Und so geht es dann gemeinsam mit den Ortskundigen weiter – im teils unwegsamen Gelände.

Wenn die Straße endet, geht es zu Fuß weiter

„Oft müssen wir das Fahrzeug auf dem Feld parken, weil einfach keine Straße zur Gemeinde führt. Dann gehen wir zu Fuß weiter, und das kilometerlang bei extremer Hitze.“ Dass die Temperaturen bis zu 48 Grad Celsius erreichen, schlaucht selbst das ansonsten reiseerprobte Ehepaar.

Der persönliche Kontakt mit den Geschwistern in den Gemeinden entschädige die mancherlei Mühen: „Wir lieben den Umgang mit den Geschwistern und Brüdern. Wir lieben es, die Dörfer und die Menschen zu besuchen. Sie sind äußerst bescheiden und führen ein einfaches Leben“, so Bischof Witten mit Verweis auf schlichte Lehmhütten und Gottesdienste im Freien, beispielsweise unter einem Baum.

Sobald sie an der Kirche anhalten, werden sie von den örtlichen Amtsträgern begrüßt und dann kommen auch gleich die Gemeindemitglieder und umringen sie. Die Glaubensgeschwister aus verschiedenen Ländern lernen sich kennen. Und dann folgen die Gespräche mit Gemeinde- und Bezirksleitung. Für jede Gemeinde gilt dabei die gleiche, festgelegte Prozedur: Alvin und Jean Witten erfassen die Geo-Koordinaten vom Versammlungsort, fotografieren Kirchengebäude und Gemeindevorsteher, nehmen die persönlichen Daten aller Amtsträger auf und sichern Dokumente und Genehmigungen der örtlichen Behörden.

Danach zeigen die Geschwister Witten den Amtsträgern, wie sie mittels SMS künftig nach einem Gottesdienst Teilnehmerzahlen und Opfer melden können. Kleine Schritte in Richtung Digitalisierung eines großen Arbeitsbereichs. Aber bis das Projekt erfolgreich abgeschlossen ist, gibt es noch viel zu tun und manche ungeahnte Herausforderung zu meistern.


Im letzten Teil der Mosambik-Reportage geht es um die Entstehung einer eigenen neuapostolischen Landkarte: Wo liegen welche Gemeinden, wer ist verantwortlich und wie viele Gemeindemitglieder gibt es jeweils? Und können Hühner und unerwartete Militäreinsätze das Projekt stören?

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Oliver Rütten
16.09.2020
Mosambik, Medien, Gemeindeleben