„Immer die Sprache der Liebe sprechen“

Als „Architekt der Zukunft“ ist Enrique Eduardo Minio im Süden Südamerikas aktiv. So nannte ihn der Stammapostel bei der Ordinationen. Was bedeutet das in der Praxis? Ein Interview mit dem neuen und dem alten Bezirksapostel.

Zukunft, das ist oft auch eine Frage der demografischen Entwicklung. Wie sieht das in den Ihnen anvertrauten Ländern aus?

Bezirksapostel Enrique Eduardo Minio: Die demografische Entwicklung in meinem Arbeitsbereich ist günstiger als anderswo, aber langfristig in der Tendenz ähnlich wie in der europäischen Gemeinschaft.

Bezirksapostel i. R. Norberto Passuni: Insgesamt machen die Kinder und Jugendlichen 25 % aller Gottesdienstbesucher aus. Das heißt, dass die Alterspyramide in den letzten Jahren an der Basis geschrumpft ist und an der Oberseite breiter wurde.

Was brauchen Kinder und Jugendliche, damit sie in der Zukunft fröhliche Kinder Gottes sind?

Minio: Die Kinder und Jugendlichen stellen große Anforderungen an unsere Kirche. Sie brauchen Beistand und Bildung auf der Grundlage des Evangeliums Christi, damit die Kirche ein grundlegender Teil ihres Lebens wird. Wir arbeiten ständig daran, neue Wege in den Bereichen Bildung und Musik zu finden, aber wir wissen, dass das nicht genug ist. Dieses Thema genießt Priorität bei der Sorge um die Zukunft.

Argentinien befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Wie wirkt sich das auf das kirchliche Leben aus?

Minio: Bei vielen Familien führt die Krise zu einer Abnahme der Kaufkraft, andere leiden unter Arbeitslosigkeit. Wer berufstätig ist, muss mehr Stunden arbeiten, was bedeutet, dass die Geschwister weniger Zeit für das Glaubensleben und die Amtsträger für ihre Mitarbeit im Werk Gottes haben. Auch die Opfereinnahmen sind rückläufig. Trotz der schwierigen Zeitverhältnisse können wir unserem himmlischen Vater danken, dass das Volk Gottes hier im Arbeitsbereich unermüdlich kämpft.

Was sind die besonderen Herausforderungen, was sind die besonderen Chancen in Ihrer Gebietskirche?

Minio: Die Herausforderung und die Chance der Kirche in ihrer Außenwirkung bestehen darin, das Evangelium in einer Zeit zu verkünden, in der die Bedürfnisse der Seele sekundär erscheinen und die Botschaft der Liebe Gottes und der Erlösung nicht im Vordergrund steht.

Die Herausforderung der Kirche im Inneren sehe ich darin, dass jede Gemeinde und jede Region über Amtsträger vor Ort verfügt. Dies ermöglicht eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinden und Bezirke ohne Unterstützung von außen.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass die kulturellen Unterschiede in den vier Ländern des Arbeitsbereiches kein Hindernis für die Gemeinschaft darstellen. Die unermüdliche Arbeit der Brüder und Schwestern und der Wunsch, in Christus eins zu sein, sind dafür eine gute Gundlage.

Wie haben Sie es geschafft, auf die unterschiedlichen kulturellen Bedürfnisse der Geschwister in den verschiedenen Ländern einzugehen?

Passuni: Mein Verständnis war immer, dass unsere Mission darin besteht, das Evangelium zu den Menschen zu bringen und nicht die kulturellen Normen zu ändern, sofern sie nicht im Widerspruch zum Evangelium stehen. Man muss in Betracht ziehen, dass die Länder, die zu unserem Bezirksapostelbereich gehören, bevor sie unabhängig wurden, lange Zeit eine politische Einheit bildeten, die letztlich von der spanischen Krone abhängig war. Dieser gemeinsame Hintergrund, besonders die Sprache, die Religion usw. ist noch weitgehend erhalten.

Es gibt einen gemeinsamen Rahmen für den ganzen Bereich, innerhalb dessen jedes einzelne Land und sogar jede Region ihre Besonderheiten hat. Vor allem habe ich erlebt, dass das Bewusstsein der Gotteskindschaft Vorrang hat vor allen kulturellen Nuancen und diese sogar nebensächlich erscheinen lässt. Diese Erfahrung ist wirklich sehr berührend.

Wenn Sie auf Ihre Zeit als Bezirksapostel zurückblicken, welche Entwicklungen würden Sie als Meilensteine der Kirche betrachten?

Passuni: Die Entwicklung hin zur Einheit. Als Stammapostel Leber mir die Verantwortung als Bezirksapostel übertrug, hat er mir mit auf den Weg gegeben, das Einssein zur Priorität zu machen. Das bittet auch der Herr im hohepriesterlichen Gebet, wenn er sich im dritten Teil dieses Gebets an die wendet, „die durch ihr Wort an mich glauben werden“. Die Einheit ist ein wahres Zeugnis, „damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“.

Was liegt Ihnen für die Zukunft besonders am Herzen? Welche Ziele haben sie sich gesetzt?

Minio: Ich habe die „Vision“ unserer Kirche besonders am Herzen, die im Katechismus beschrieben wird. Ich möchte gemeinsam mit den Glaubensgeschwistern jeden Tag an der Umsetzung der Vision arbeiten.

Für mein erstes Jahr im neuen Amt habe ich mir als Ziel gesetzt, jeden Bereich kennenzulernen und zu verstehen, der zu meiner Aufgabe als Bezirksapostel gehört, die Aufbauarbeit meiner Vorgänger zu bewahren, jede Entscheidung an der Lehre Jesu Christi und der Verheißung seiner Wiederkunft zu messen, die Einheit der Amtsträger und der anvertrauten Seelen zu bewahren und dabei immer die Sprache der Liebe zu sprechen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kirche?

Passuni: Mit absolutem Vertrauen. Die lebendige Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn unter den heutigen Bedingungen ist ein klares Zeichen für Gottes Gegenwart unter uns.


Eine ausführliche Version dieses Interviews findet sich in der Ausgabe 07/2016 der Zeitschrift „Unsere Familie“.

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