Zusätzliche Lesungen und mehr Stille im Gottesdienst

Die Lektüre der Heiligen Schrift ist wesentlich für den Christen. Das erleben Teilnehmer von neuapostolischen Gottesdiensten künftig noch öfters. Auf der Herbstversammlung beschlossen die Bezirksapostel drei Veränderungen.

Liturgie: feierlich, gestaltend, schützend

„Die gottesdienstliche Gemeinde versammelt sich, um Gottes Wort zu hören und durchs Sakrament gesegnet zu werden. Der Mensch bringt Gott in Ehrfurcht und Demut Anbetung entgegen. So ist Gottesdienst Begegnung von Gott und Mensch“ (KNK 12.1.1). – Geordnet und gestaltet wird gottesdienstliches Geschehen durch die Liturgie. Sie gibt die Struktur vor, in der trinitarischer Eingang, Gebete, Predigt, Sündenfreisprache, sakramentale Handlungen und Schlusssegen ihren Platz haben und einheitlich und würdig vollzogen werden.

Lesung: erklärend, impulsgebend

Hörbares Element im Gottesdienst ist neben Predigt und Gesang auch die Lesung aus der Heiligen Schrift. In neuapostolischen Gottesdiensten erfolgen Lesungen zu besonderen Hochfesten im Ablauf des Kirchenjahres. Sie dienen dem besseren Verständnis des Kirchenfestes und finden beispielsweise zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten statt.

Letztmalig reformiert wurde die Liturgie für Gottesdienste in der Neuapostolischen Kirche mit Beginn des Kirchenjahres 2010. Neue Elemente der Stille, eine erweiterte Ausführlichkeit der Abendmahlsfeier, eine Bibellesung zu besonderen Gottesdiensten und ein gemeinsam gesungenes Bußlied machen seitdem den Gottesdienst feierlicher und beziehen die Gemeinde ein Stück weit mehr in das Gottesdienstgeschehen ein.

Zusätzliche Lesungen, mehr Stille

Auf ihrer Herbstkonferenz in der vergangenen Woche haben der Stammapostel und die Bezirksapostel in Zürich (Schweiz) nun drei Beschlüsse gefasst, die die liturgischen Abläufe erweitern und flexibler gestalten.

1. In Gottesdiensten für Jugendliche können Teilnehmer aus der Bibel oder aus dem Katechismus der Neuapostolischen Kirche vortragen. Geeignete Textstellen können im Auftrag des jeweiligen Bezirksapostels festgelegt werden. Darüber hinaus können jugendliche Gottesdienstteilnehmer vor oder nach dem Gottesdienst aus besonderem Anlass ein Gebet sprechen oder von einem Erlebnis berichten. Dies muss mit den Beteiligten im Vorfeld abgestimmt werden. – Damit wollen die Bezirksapostel dazu beitragen, dass der Kontext des Bibelwortes durch die Lesung deutlicher wird und das Verständnis um Ausführungen in der Predigt an Perspektive hinzugewinne.

2. In den so genannten Bibelkunde-Gottesdiensten, die meist einmal im Monat in den Gemeinden stattfinden, können neuerdings geeignete Bibeltexte gelesen werden. Dazu geeignete Bibelverse werden von der Arbeitsgruppe Leitgedanken für die Bibelkunde-Gottesdienste vorgeschlagen. – Hier ist es der Wunsch der Kirchenleitung, dass durch die zusätzlichen Lesungen die Teilnehmer in das Gottesdienstgeschehen eingebunden werden; und wenn der Gottesdienst schon „Bibelkunde“ heißt, dann soll er auch den biblischen Kontext bieten.

3. In allen Gottesdiensten kann der Dienstleiter in der Vorbereitung auf Sündenvergebung und Heiliges Abendmahl anstelle des Bußliedes die Gemeinde zu einem Moment der Stille einladen. Dieser Moment soll etwa eine Minute dauern, die Gemeinde bleibt dazu sitzen. – Kommentar der Bezirksapostelversammlung dazu: Das soll keinesfalls in jedem Gottesdienst geschehen. Doch wenn stille Momente sinnvoll eingesetzt werden, können sie das Bewusstsein für Sündenfreisprache und Abendmahlsfeier stärken.

Liturgie: für die Gemeinde, mit der Gemeinde

Auf die Liturgie angesprochen, erklärte der lateinamerikanische Theologe Casiano Floristán vor einigen Jahren: „Die Feier ist kein Schauspiel, dem man beiwohnt, sondern eine Handlung, an der die Versammlung sich beteiligt.“

Liturgie ist also nicht nur die Ordnung im gottesdienstlichen Ablauf, der geregelte Rahmen, sondern auch eine Feierlichkeit, an der die Gemeinde unmittelbar teilhat, sich mal mehr, mal weniger aktiv beteiligt. Diese Teilhabe ist insbesondere Wesen der gemeinschaftlichen Feier des Heiligen Abendmahls, sie ist aber auch hörbar in gemeinsam gesungenen Liedern, in öffentlich gesprochenen Gebeten und Bibellesungen. Die Feierlichkeit wird in den zusätzlichen stillen Momenten gestärkt. Raum und Zeit für Begegnung des Menschen mit Gott.



Foto: Alex Ferguson

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Oliver Rütten
14.11.2018
Gottesdienst