Erst roden, dann pflanzen, dann ernten

In Wetzlar (Deutschland) geboren, gestorben in Riverleigh (Australien) – ein vielgereister, sehr interessanter Mann feiert dieser Tage seinen 150. Geburtstag. Als Pionier-Apostel der Neuapostolischen Kirche in Australien hatte Jakob Dietz großen Einfluss.

Dietz ist ohne Niemeyer nicht denkbar. Der eine hatte in Deutschland die Neuapostolische Kirche entdeckt und legte sich für seine Gemeinde ordentlich ins Zeug. Der andere war nach Australien ausgewandert, wo er als Apostel die ersten wenigen neuapostolischen Gemeinden versorgte. Die Wege der beiden kreuzten sich Anfang der 1910er Jahre. Und das kam so:

Aufbruch nach Australien

Apostel Heinrich Friedrich Niemeyer aus Australien kam immer wieder auf Besuch in seine alte Heimat Deutschland – mit einem Empfehlungsschreiben der Regierung von Queensland (Australien) in der Tasche. Er sollte deutsche Siedler für den nur dünn besiedelten Kontinent finden. Etliche Gemeindemitglieder folgten seiner Werbung und träumten von einer besseren Zukunft in Downunder. 1910 waren es an die 240 Menschen aus dem Ruhrgebiet, die zu einem regelrechten Siedlertreck – per Schiff – aufbrachen. Unter ihnen Priester Jakob Dietz mit seiner Familie. Auch Otto Gerke ging mit seinen Eltern an Bord, ebenso die Eltern von Eric de Lisen und die Großmutter von Artur Rosentreter – alles bekannte Namen in neuapostolischen Kreisen. Sie alle stiegen am 17. April 1910 in Antwerpen an Bord der „Seydlitz“ und brachen zu einer sechswöchigen Überfahrt nach Sydney auf. Dort wurden sie von Apostel Niemeyer herzlich willkommen geheißen und weiter ging es in das Zeltlager „Pumpkin Hut“. Frauen und Kinder wurden notdürftig untergebracht, die Männer mussten zunächst Straßen bauen. Nach etwa einem halben Jahr bekam jede Familie ein Stück Land zugewiesen, auf dem sie eine eigene Farm bauen durften. Allerdings war das Terrain nichts anderes als dichter Urwald, der erst einmal gerodet werden musste.

Als die erste Regenzeit kam, war immerhin genügend Platz für die Anpflanzung von Mais geschaffen worden. Allmählich entstanden Werkzeuge aus eigener Werkstatt, zum Beispiel um die mächtigen Baumstümpfe aus dem Boden zu ziehen – so wurden nach und nach größere zusammenhängende Flächen zu Ackerland, das mit dem Pflug bearbeitet oder als Weideland für die ersten Haustiere genutzt werden konnte. Die Siedler wohnten in einfachen, selbstgebauten Wellblechhütten.

Gottesdienst geht weiter

Priester Dietz vergaß natürlich nicht seinen Amtsauftrag und feierte regelmäßige Gottesdienste in einer selbstgebauten Wellblech-Kirche. Dünne runde Baumstämme, die auf in den Boden gerammten Pfosten befestigt worden waren, dienten als Bänke. Die Holzkiste, in der die aus Europa mitgebrachten Habseligkeiten wie Bibel und Abendmahlsgeräte aufbewahrt wurden, diente als Altar. Bis heute ist diese Buschkirche als Denkmal für die Pioniere der Kirche in Australien erhalten geblieben.

Schicksalsjahre

Dann kam das Jahr 1912 – es wurde zu einer schweren Prüfung für die Gemeinden. Apostel Niemeyer trennte sich vom Stammapostel Hermann Niehaus und damit von der Neuapostolischen Kirche. Das sorgte in Australien für einen Erdrutsch! Ein Großteil der Glaubensgeschwister folgte Apostel Niemeyer, nicht jedoch Priester Dietz. Er blieb neuapostolisch und mit ihm einige wenige andere.

Die Lage eskalierte. Ehemalige Gemeindemitglieder strengten eine Klage wegen angeblichen Kuhdiebstahls gegen ihn an. Während des Prozesses starb auch noch die Frau von Jakob Dietz. Der Prozess endete für die Kläger mit einer Niederlage: Priester Dietz wurde in allen Punkten freigesprochen und rehabilitiert.

Apostel Dietz

Mühsam und ganz langsam entwickelte sich der neuapostolische Zweig der Kirche weiter. Dazu ein interessantes Detail: Zuerst berief Stammapostel Hermann Niehaus aus Deutschland den Priester Jakob Dietz in Australien zum Evangelisten, 1926 dann sogar als Apostel. Endlich konnten rund 120 neue und bereits getaufte Gemeindemitglieder versiegelt werden.

Und noch ein nettes Detail: Die Gottesdienste waren bislang alle in deutscher Sprache gefeiert worden. Das sollte sich allerdings bald ändern, so der Wunsch von Stammapostelhelfer Heinrich Wilhelm Schlaphoff, der großen Wert darauf legte, die Menschen in ihrer Landessprache anzusprechen. 1936 noch musste sich Apostel Dietz, als er die Kirche in Brisbane weihte, am Altar übersetzen lassen. Der Bruder, der sein Dienen in die englische Sprache übertrug, war Otto Gerke, der spätere Bezirksapostel. In seinen letzten Amtsjahren predigte dann auch Jakob Dietz in Englisch.

Gut aufgestellt

Es waren rund 400 Seelen, die durch die unermüdliche Arbeit des Apostels zum Glauben gefunden hatten. Er erreichte noch zu seiner Lebenszeit die staatliche Anerkennung der Neuapostolischen Kirche in Australien und wurde offiziell als deren Apostel und Vorsitzender registriert. Damit erhielt die Kirche auch das Recht, eigene Standesämter und Friedensrichter einzusetzen.

Und es ging stetig aufwärts, auch außerhalb des Bundesstaates Queensland. Diese Entwicklung wäre ohne die aufopferungsvolle Pionierarbeit des Apostels und seiner treuen Mitarbeiter nicht möglich gewesen.

Nach längerer Krankheit starb Jakob Dietz am 16. August 1941 in Riverleigh/Queensland im Alter von fast 70 Jahren.

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Peter Johanning
09.12.2021
Australien, Apostel, Persönlichkeiten