Als Brückenbauer von Straßburg nach Marburg

Wenn der Stammapostel jetzt an Ostern unterwegs ist, dann stößt er auf Spuren eines Landsmannes: Ein Straßburger hat in Marburg aus der Taufe gehoben, was gerade in diesen Wochen in aller Welt wieder gefeiert wird.

Marburg heißt die Universitätsstadt in Nordhessen (Deutschland), in der Stammapostel Jean-Luc Schneider am kommenden Wochenende den Ostergottesdienst hält. Dort gibt es eine Straße, die nach einem Mann aus seiner Heimatstadt Straßburg benannt ist: Wer war dieser Martin Bucer? Die Antwort findet sich knapp 500 Jahre in der Vergangenheit.

Wider Staat und Kirche

Sie bildeten den linksextremen Flügel der Reformation: die Täufer (auch Wiedertäufer genannt) – eine Sammlung fundamentalistischer Gruppen. Viele von ihnen hatten ein Autoritätsproblem mit der staatlichen Obrigkeit. Und das zeigte sich nicht nur in den Weigerungen, Kriegsdienst zu leisten oder Steuern zu zahlen.

Das fand seinen militanten Höhepunkt im westfälischen Münster: Die Täufer übernahmen Anfang 1534 den Stadtrat, führten Gütergemeinschaft ein, ließen das Stadtarchiv brennen und riefen ihr Königtum aus. Ihr Reich endete Mitte 1535 im Blutbad – nach der Belagerung durch ein Bündnis von Landesfürsten.

Vermitteln statt töten

Zu den Koalitionären gehörte Landgraf Philipp aus Marburg. Er hatte auch daheim in Hessen seine Probleme mit den Täufern. Dagegen hätte er mit aller Gewalt mittelalterlicher Ketzergesetze vorgehen können. Doch das wollte er nicht mehr, wie er 1536 schrieb: „Nun achten wir, dass wir nicht recht daran täten, wenn wir jemand des Glaubens halber töten.“

Philipp, genannt „der Großmütige“, erinnerte sich an einen Mann, den er schon 1529 in seinem Schloss beherbergt hatte: Martin Bucer. Als sich die reformatorischen Schwergewichte Luther und Zwingli beharkten, bei den „Marburger Religionsgesprächen“, da hatte sich der Straßburger mit Talent und Eifer als Vermittler empfohlen.

Eine Bestätigung als Brücke

Fünf Tage im Herbst 1538 diskutierte Martin Bucer mit den führenden Täufern, die in Marburg im Gefängnis saßen. Dann entwarf er ein Dokument, das als die „Ziegenhainer Kirchenordnung“ in die Geschichte einging. Das Papier war so überzeugend, dass die Täufer friedlich in ihre angestammten Gemeinden zurückkehrten.

Ein Knackpunkt dabei: Die Täufer hielten die Taufe an Kindern für ungültig, weil sich die Kleinen nicht selbst und bewusst für Christus entschieden. Der Kompromissvorschlag Bucers: Vor der ersten Teilnahme am Heiligen Abendmahl sollte der Nachwuchs in der Kirchenlehre unterrichtet werden und sich dann vor der Gemeinde zum Glauben bekennen. Ein nachträgliches „Ja“ zur Taufe – die Konfirmation war geboren.

Vorbild mit Breitenwirkung

So ganz neu waren solche Ideen nicht: In der Katholischen Kirche war es schon seit Jahrhunderten die Firmung, die Kinder zu vollwertigen Gemeindemitgliedern machte. Doch dieses Sakrament lehnten die Reformatoren ab. Gleichwohl überlegten sie selbst, wie sie den Übergang vom getauften Kind zum Vollchristen gestalten sollten.

Martin Bucer war es, der diese Ansätze als erster zu einer gültigen Kirchenvorschrift bündeln konnte. Die galt zwar nur für den Raum Marburg. Das Vorbild breitete sich aber unaufhaltsam aus: von Hessen nach Köln und weiter nach England, parallel in Nord- und Süddeutschland sowie in Österreich.

Die Konfirmation zählt in der Neuapostolischen Kirche seit ihren frühen Tagen im 19. Jahrhundert zu den Segenshandlungen. Und auch die enge Verbindung zur Wassertaufe ist geblieben: Denn das Konfirmationsgelübde geht auf den Text einer Taufliturgie aus dem dritten Jahrhundert zurück.

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