Das Amt (5): Der Weg zur dritten Stufe
Welche Ämterordnung braucht die Kirche? Darauf liefert das Neue Testament jenseits des Apostolats keine eindeutige Antwort. Was heute als selbstverständlich gilt, das hat sich erst in den Generationen nach den Aposteln entwickelt – eine Skizze.
Zwei Arten von Gemeinde kennt die neutestamentliche Zeit im Wesentlichen. Einerseits: Gemeinden mit jüdischen Wurzeln. Die Leitung übernimmt ein Rat aus Ältesten (griechisch: presbýteros) – nach dem Vorbild der Synagogenversammlung.
Andererseits: die Hausgemeinden im hellenistischen Umfeld. Ihnen steht das Familienoberhaupt vor. Die Hausherren beraten sich bei Bedarf im Team und werden örtlich – zum Beispiel in Philippi – als Bischöfe (epískopos) bezeichnet.
Doch schon in den Pastoralbriefen des Neuen Testaments deutet sich eine Entwicklung an, die sich in den Schriften der „Apostolischen Väter“ fortschreibt. Dazu gehören die Didache, der Hirt des Hermas sowie die Clemens-, Ignatius-, Polykarp- und Barnabas-Briefe aus dem ersten und zweiten Jahrhundert.
Führungskräfte sind gefragt
Kurz gesagt: Der Bischof schiebt sich quasi am Ältesten vorbei auf die dritte Stufe. Peu à peu übernimmt er die überörtliche Kirchenleitung jenseits der Gemeinde-Vorsteher und der Gemeinde-Helfer (Diakone).
Und das kommt so:
- Die Vorsteher der Hausgemeinden sind sich nicht immer einig. Davon berichtet schon Paulus. So setzen die Apostel ab und an Aufseher ein, die über die Einheit wachen. Auch diese werden „epískopos“ genannt, ein typischer Begriff damaliger Zeit für derartige Hüter-Funktionen.
- Je weiter sich das Christentum von seinen jüdischen Wurzeln entfernt, um so mehr muss es sich gegenüber weltanschaulichen Alternativen und Angriffe abgrenzen. Dabei treten Menschen mit besonderen Fähigkeiten als Führungspersönlichkeiten hervor.
- Nachdem die ersten Apostel gestorben sind, gilt es die Kontinuität ihrer Lehre zu bewahren. Entsprechende Strukturen bilden sich nicht nur in der Entstehung von Leitungsfunktionen, sondern auch mit der Sammlung geistlicher Schriften zum Neuen Testament.
Die Kirche konstituiert sich
Diese Ansätze verfestigen sich in den nächsten Generationen unter den Kirchenvätern des dritten und vierten Jahrhunderts.
- Tertullian lehrt einen grundsätzlichen Unterschied innerhalb der Gemeinde – zwischen den Amtsträgern („ordo“) und dem Kirchenvolk („laicus“).
- Hippolyt definiert die Handauflegung zur Ordination nicht mehr als weltliche Beauftragung, sondern als geistliche Bevollmächtigung.
- Und Cyprian sieht allein in der Ordination eines Geistlichen durch einen Geistlichen die ungebrochene Weitergabe der Apostellehre garantiert.
Zu diesen theologischen Grundlagen kommen ganz weltliche Umwälzungen. Spätestens mit dem Aufstieg zur Staatsreligion kann sich das Christentum ungehindert verbreiten. Die Arbeitsbereiche der Bischöfe wachsen rapide. Und sie geben immer mehr ihrer örtlichen Pflichten an die Presbyter, den Priester-Stand, ab.
So entsteht die Dreistufigkeit des Amtes, wie sie bis heute auch in der Katholischen, Orthodoxen, Evangelischen und Neuapostolischen Kirche zu finden ist. Allerdings: Wie kam es dann zu den Ämtern Evangelist und Hirte? Damit beschäftigt sich die nächste Folge dieser Serie.
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